Ausseerland: Kurze Einübung in das gleichmäßige, gerade Gleiten

(C) Georg Weindl, TVB Ausserland/Tom Lamm
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Wer braucht da noch eine Yacht oder ein Motorboot? Im Ausseerland lebt die Nostalgie mit kulinarischen Plättenfahrten und Lechpartien wieder auf.

Die es können, die sagen, dass es leicht ist. Und die es nicht können und trotzdem probiert haben, behaupten, dass es ziemlich schwierig sein soll. Mit der Plätten über den See zu gleiten, schaut für unsereins ziemlich entspannt aus. Eine entschleunigte Bootspartie. Am Heck steht der Plättenkapitän mit Lederhosen und Steirerhut und sorgt mit sparsamen und sorgfältig ausgeführten Bewegungen mit einem einzigen Ruder für gleichmäßiges und gerades Gleiten. Wenn du es als Laie selber probierst, bleibst entweder am Fleck stehen oder drehst dich im Kreis.

Für einen Einheimischen wie Hermann Rastl gehört es dazu wie das Radfahren und Schwimmen. „Wir sind hier am Grundlsee aufgewachsen und dauernd Schifferl gfahrn,“ sagt er und macht mit uns einen weiten Bogen vom Seehotel vorbei an der Villa Castiglioni. Eigentlich ist unser Kapitän ja schon in Pension, aber derzeit kann er sich über Beschäftigung nicht beklagen. Denn das Schifferlfahren wie in guten alten Zeiten erlebt grad im Ausseerland eine echte Renaissance. Beispielsweise beim Seehotel gibt es die Plättenfahrt mit Frühstück oder Gourmetmenü für zwei bis vier Passagiere. Auch Hotels wie die Wasnerin in Bad Aussee und die Seevilla in Altaussee bieten ähnliche Plättenfahrten an. Vergangenen Sommer war auch Johann Lafer am Grundlsee zugegen, hat mit der Narzissenkönigin auf der Plätten gefrühstückt, und es hat ihm recht gefallen, wie sich Rastl erinnert.

Kleine Alltagsfluchten

Schifferlfahren und gut speisen hat vielleicht nicht die ganz große Tradition im Salzkammergut, aber in diesen Zeiten ist es eine gefragte Alltagsflucht. Obwohl, ganz richtig ist das auch nicht, korrigiert uns Rastl. Die Lechpartie ist ein ziemlich alter Brauch im Ausseerland – und der erlebt zur Zeit einen regelrechten Boom. Ursprünglich ist es eine Art Erntedankfest der Fischer, die nach der Saiblinglaich das Ende der arbeitsreichen Saison feiern, mit Plätten abends eine Fischerhütte ansteuern, wo der Saibling über dem offenen Feuer auf Spießen zubereitet wird, eine Musikgruppe aufspielt, einheimische Volksmusik natürlich, und das Ganze dann weit in die Nacht hinein dauern kann. Dass dazu das eine oder andere Glaserl vom Lupitscher geleert wird, einem heißen Konglomerat aus Rum und Tee, gehört irgendwie auch zum Brauchtum.

Der Name Lechpartie kommt übrigens von der Laich. Und wer heute am Altausseer See oder am Grundlsee zu einer Lechpartie aufbrechen will, der muss viel Geduld oder sehr gute Beziehungen haben. Die Termine nämlich sind auf Monate vergeben. In Altaussee sind es die hiesigen Fischer und am Grundlsee die Bundesforste, die das anbieten. Für eine Gruppe von zehn bis 15 Leuten kann der Abendausflug schon einmal 1000 Euro und mehr kosten. Aber dafür gibts ja auch die Plättenpartie, die Livemusik, die Verköstigung und eine exklusive Location, um es etwas zeitgemäß zu formulieren.

Die Wiederentdeckung der alten Bräuche passt ja gut in die Zeit. Nicht nur weil die Stadtleute gern bei einer Landpartie gepflegt entschleunigen, es tut sich auch einiges im Ausseerland. Und das hat viel mit der eigenen Tradition zu tun. Seit Dietrich Mateschitz die Grundlsee-Schifffahrt und das Seehotel übernommen hat, das alte Postlerheim zu einem Luxuschalet umbauen lässt und auf der Seewiese in Altaussee, wo unlängst James Bond Bösewichte vermöbelt hat, die alten Fischerhütten wieder aufleben lässt, spürt man eine dezente Aufbruchsstimmung.

Grad sind die beiden Fahrgastschiffe am Grundlsee, der 114 Jahre alte „Rudolf“ und die 45 Jahre alte „Traun“, über den Winter in der Schweiz generalsaniert worden, haben neue, moderne Antriebe bekommen und ist dazu das historische Interieur verbessert und verfeinert worden. Moderne Navigationssysteme sind eingebaut worden. „Damit können wir jetzt auch bei Nebel und bei Dunkelheit gefahren, vielleicht auch Vollmondfahrten anbieten“, verspricht Astrid Eder von der Grundlsee-Schifffahrt.

Drei Seen, eine Tour

Der Klassiker am Grundlsee ist die Drei-Seen-Tour mit dem Rudolf bis nach Gössl, dann mit einem zwanzigminütigen Spaziergang vorbei an den Gössler Wänden zum Toplitzsee, wo dann die großen Plätten warten, die bis zu 20 Passagiere aufnehmen und in gemächlicher Fahrt bis zum Ostufer des Toplitzsees gleiten, wo ein kurzer, steiler Spaziergang zum abgeschiedenen Kammersee ansteht. Der gerade einmal drei Hektar große und von steilen Felswänden eingerahmte Bergsee ist eine ziemlich verborgene Preziose, die nur mit den Plätten erreicht werden kann. Fußweg gibt es keinen, und auf dem See dürfen nur die offiziellen Plätten fahren.

Der Kammersee ist eine pure Idylle und bietet mit dem im 18. Jahrhundert für den Transport der Baumstämme für die Salinen geschaffenen Felsdurchbruchs eine spektakuläre Sehenswürdigkeit. Leider bleiben bei der Plättenpartie nur 20 Minuten für den Kammersee. Es könnten schon ein paar Stunden sein, bei denen man vielleicht den raren Weißrückenspecht entdecken kann. Und wenn das Wetter umschlägt, was im Salzkammergut nicht ganz selten ist, dann gäbe es ja vorn an der Anlegestelle noch die Villa Wolkenbruch, einen als Notunterkunft dienenden Bretterverschlag.

Zurück schwimmen könnte man rein theoretisch, was bei einer Distanz von gut 1,5 Kilometern und den bekannt kühlen Wassertemperaturen des Toplitzsees allerdings kein wirkliches Vergnügen wäre. Also belassen wir es bei der Plätten und lassen uns vorne bei der Fischerhütte einen Seesaibling servieren. Schifferl fahren und gut speisen. Das macht die Gegend hier auch besonders sympathisch.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.08.2017)

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