Mit Kälte gegen Fettpölster

Ali Saalabian an seinem Arbeitsplatz, dem Kuzbari-Zentrum für ästhetische Medizin in Wien.
Ali Saalabian an seinem Arbeitsplatz, dem Kuzbari-Zentrum für ästhetische Medizin in Wien.(c) Voithofer Valerie
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Durch die Kryolipolyse können Körperregionen zielgenau und ohne Nebenwirkungen behandelt werden. Ganz ersetzen kann sie die Absaugung aber nicht.

Es klingt unglaublich, aber tatsächlich verdoppelt sich medizinisches Wissen alle fünf Jahre. Selbstverständlich macht diese Entwicklung auch vor der ästhetischen Medizin nicht halt – im Gegenteil, dieser Bereich gehört zu jenen mit den größten Fortschritten. So auch beispielsweise bei der Fettreduktion, bei der mittlerweile nicht mehr nur auf das klassische Absaugen, sondern immer stärker auf sogenannte Kryolipolyse gesetzt wird, also auf den Einsatz von Kälte.

Zu verdanken ist diese Innovation, wie so oft in der Forschung, dem Zufall. Vor rund zehn Jahren fiel Ärzten auf, dass es bei Kindern, die nach einer Mandeloperation viel Eis aßen, zu einer Reduktion von Fett in ihren Wangen kam. Der einzige kausale Zusammenhang, der hergestellt wurde, war jener zur Kälte. Also begannen Mediziner der Harvard-Universität zu forschen und fanden heraus, dass Fettzellen deutlich anfälliger auf Kälte reagieren als das umliegende Gewebe. In weiterer Folge wurden diese Erkenntnisse in eine konkrete Technologie umgesetzt – die Kryolipolyse entstand.

„Dabei werden die zu behandelnden Fettpölsterchen in eine Vakuumglocke gesaugt und über Kühlmoduleschrittweise auf Temperaturen von zwei bis drei Grad gebracht“, sagt der Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie, Ali Saalabian, vom Kuzbari-Zentrum für ästhetische Medizin in Wien (www.kuzbari.at), einem der ersten Anwender dieser Methode in Österreich. „Kryolipolyse wirkt dabei gezielt auf Fettzellen. Für die Haut und das umliegende Gewebe entstehen keine Schäden.“

In den Wochen und Monaten nach der (schmerzfreien) Behandlung werden die kristallisierten Fettzellen durch das Immunsystem abgebaut – in der behandelten Region verschwinden dadurch rund 25 Prozent der Fettzellen – und kommen auch nicht wieder, da Fettzellen nicht reproduziert werden können. Das endgültige Ergebnis ist nach rund drei bis vier Monaten zu sehen. So lang sollte man auch warten, bis man denselben Bereich erneut behandelt. Kryolipolyse ist ein minimal invasives Verfahren, die Behandlung kommt also ohne Operation, Narkose und Narben aus. Eine Sitzung dauert etwa eine Stunde, wobei in größeren Regionen wie etwa dem Bauch bis zu vier Teilbereiche bearbeitet werden können, die Behandlung also vier Stunden dauern kann. Nennenswerte Nebenwirkungen gibt es nicht. „Manche Patienten berichten von einem Taubheitsgefühl in den Tagen danach. Bei einigen kommt es auch zu Schwellungen und Rötungen“, sagt Saalabian. „Aber das sind nur vorübergehende Effekte, die von den allermeisten nicht als belastend empfunden werden.“

Bei Übergewicht ungeeignet

Zu den Nachteilen der Kryolipolyse gehören neben der langen Dauer bis zum endgültigen Resultat auch die eingeschränkten Anwendungsgebiete, da in dem behandelten Bereich nur ein Viertel der Fettzellen reduziert werden kann – und nicht bis zu drei Viertel (oder teilweise noch mehr) wie bei einer Absaugung. Für übergewichtige Patienten kommt diese Methode daher nicht infrage, sondern ist nur für „Problemzonen“ geeignet. Oder wie es Saalabian formuliert, „für Fett, das ich mit dem Daumen und Zeigefinger erfassen kann“. Weswegen in den USA der Leitspruch gelte: „If you can squeeze it, we can freeze it.“

Bekanntermaßen ist Fettgewebe bei jedem Menschen unterschiedlich verteilt und kann in manchen Regionen mit Ernährung und Training nur sehr schwer reduziert werden. Bei Männern sind üblicherweise die Bauchregion, bei Frauen häufig die Oberschenkel und Hüften betroffen. „Diese angeborenen Stellen dienen als letzte Reserven für den Körper und sind daher sehr schwer wegtrainierbar“, erklärt Saalabian. „Mit der Kryolipolyse hingegen sind sie auch ohne Operation gut behandelbar.“ Mögliche – und beliebte – Anwendungsgebiete seien also die Bauchregion, Oberschenkel und Oberarme, aber auch ein Doppelkinn. „Die Fettabsaugung ersetzen kann Kryolipolyse aber nicht“, betont er. Wobei auch in diesem Bereich enorme Fortschritte erzielt wurden.

So werden die Absaugungen nicht mehr unter Vollnarkose, sondern in einem „Dämmerschlaf“ durchgeführt – wie etwa bei einer Darmspiegelung. Zudem wird das Fettgewebe vor dem Absaugen mit einer Flüssigkeit behandelt, die den zu behandelnden Bereich betäubt und dort die Blutgefäße verengt, sodass es kaum zu Blutungen kommt.

Darüber hinaus sind die rund 30 cm langen und zwei bis fünf Millimeter breiten Kanülen, mit denen das Fett abgesaugt wird, nicht mehr scharf, sondern stumpf. Sie können das Gewebe also nicht verletzten. Saalabian: „Ein großer Vorteil der Absaugung ist außerdem, dass das gewonnene Fettgewebe am Körperstellen zur Formung verwendet werden kann – etwa zur Formung des Gesäßes oder der Brust.“

Ultraschallwellen

Bleibt die Frage nach der Zukunft auf dem Gebiet der Fettreduktion. Denn neben der Kälte gibt es schon erste Methoden mit Wärme, die nach einem ähnlichen Prinzip funktionieren. „Die Behandlung mit Wärme wie etwa Ultraschallwellen oder Radiofrequenz könnte in Zukunft ebenso häufig zum Einsatz kommen wie jetzt die Kältebehandlungen“, sagt Saalabian. „Diese steckt aber in den Kinderschuhen, uns fehlen fundierte Daten darüber, sodass ich sie meinen Patienten noch nicht uneingeschränkt empfehlen kann.“

Kryolipolyse

Nicht invasive Methode. Bei der Kryolipolyse werden die betroffenen Zellen nicht durch Absaugen vermindert, sondern durch den lokalen Einsatz von Kälte.

Zwischen 450 und 900 Euro. Die Kosten liegen üblicherweise bei 450 Euro pro Behandlung, wird der größte Aufsatz verwendet, sind es 900 Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.06.2017)

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