André Courrèges: Retrofuturismus

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Für eine kosmische Capsule Collection erweckt Estée Lauder Courrèges zu neuem Leben.

Der Minirock zählt zu den unanfechtbaren Stars der Kostümgeschichte. Kein Wunder also, dass, wer auch immer sich nur entferntest mit seiner Erfindung und/oder Verbreitung in Verbindung bringen kann, das auch versucht. Als Erfinderin gilt im Allgemeinen die Britin Mary Quant, angeblich musste sie das Phänomen aber nur im Swinging London aufsaugen und modisch kanalisieren, was ohnehin schon von hippen Mädchen in der King’s Road getragen wurde. Die Franzosen, die es nur schwer ertragen, dass eine andere Nation ihnen in gleich welcher Modehinsicht den Rang ablaufen soll, haben aber auch ihren Quant-Konkurrenten im Rennen um den Minirock: André Courrèges heißt er, und wenn auch der Mini (den Quant übrigens nach ihrem Lieblingsauto benannt hat) nicht wirklich auf ihn zurückzuführen ist, so gilt er doch als Erfinder jener zukunftsweisenden Space-Age-Mode der Sechziger, die sich aus heutiger Perspektive nur als Inkarnation eines knallbunten Retrofuturismus bezeichnen lässt.

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Falsche Wimpern für den Mondflug. Wenn von einer „konstruierten“, also klug aufgebauten, durchdachten, ausgetüftelten Silhouette die Rede ist – und bei den
geometrischen, klar gehaltenen Kreationen von André Courrèges war das oft der Fall –, dann deutet das naturgemäß auf das Konstruktionsgeschick des verantwortlichen Designers hin. Courrèges, der in den späten Fünfzigerjahren bei Cristóbal Balenciaga die Grundlagen des Entwerfens von Kleidern erlernte und in den Sechzigerjahren eine Blütezeit mit seinem eigenen Maison erlebte, brachte freilich in puncto Konstruktionsvermögen einiges an praktischem Vorwissen mit: Er wurde nämlich erst im zweiten Bildungsweg zum Designer, davor hatte er eine in seinem Fall gar nicht abwegige Ausbildung zum Bauingenieur absolviert.

Auch nach dem Ende seiner Blütezeit blieb André
Courrèges im Geschäft, allerdings verblasste sein Ruhm in den folgenden Jahrzehnten. Bedenkt man, wie eng sein Name an eine prägnante Ästhetik geknüpft ist, die heute zumindest besser als in den Achtzigern angeschrieben ist, ist das nicht weiter erstaunlich. Vor drei Jahren wurde von zwei ehemaligen Werbern der Versuch unternommen, der Marke neues Leben einzuhauchen. Der Zeitpunkt scheint günstig, da die Sechzigerjahre sich wachsender Beliebtheit erfreuen. Was ebenfalls dem Zeitgeist entspricht: Courrèges war stets ein Anhänger des Nachhaltigkeitsgedankens, entwarf schon früh erste Elektroautos, auch nach den Sechzigern gab es von ihm immer wieder Vorstöße in diese Richtung.

Doch dank des neuen Führungsduos, Jacques Bungert und Frédéric Torloting, wird auch wieder Mode produziert, die etwa im Internet zu kaufen ist. Für das Frühjahr 2015 ging man außerdem eine Kooperation mit dem Beautykonzern Estée Lauder ein; eine Reihe passend gestalteter Badezimmertrophäen entstand. Für alle, die schon Passagierflüge zum Mond gebucht haben, lässt sich nun auch die Frage leicht beantworten, welches Make-up dabei am besten aufzutragen sei.

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