Vom bemerkenswerten Vorstoß, eine alte Parfummarke zu revitalisieren.
Alles Traditionsreiche und historisch Wertvolle steht, das dürfte aufmerksamen „Schaufenster“-Lesern nicht entgangen sein, in der Domäne des Luxus-Lifestyle neuerdings wieder hoch im Kurs. Die Rückbesinnung auf das wegen einer langen Geschichte als vertrauenswürdig Geltende führt so weit, dass in der Mode als sogenannte Sleeping Beauties eingestufte Maisons (etwa Vionnet, Elsa Schiaparelli oder demnächst vielleicht Paul Poiret) von Markenspezialisten mit einem Faible für Kulturgeschichte wiedererweckt werden. Ein Berliner Unternehmertrio versucht nun, mit einem analogen Projekt im Bereich der Parfümerie zu Erfolg zu gelangen.
Mondänes Nachtleben. Ende letzten Jahres wurde die einst wie heute in der deutschen Hauptstadt ansässige Duftmarke „J. F. Schwarzlose“ zu neuem Leben erweckt. Produktdesigner Lutz Herrmann, Kommunikationsprofi Tamas Tagscherer und Parfümeurin Véronique Nyberg machten gemeinsame Sache. „Wir wollen Aufmerksamkeit dafür erwecken, dass Berlin eine Weltstadt gewesen ist und bleibt“, unterstreicht Tagscherer im persönlichen Gespräch in einem Wiener Kaffeehaus. „Schwarzlose hat schon in den Zwanzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts nach Übersee exportiert; an diese Tradition wollen wir heute wieder anknüpfen.“
Das Duftportfolio von Schwarzlose in seiner neuen Form (1856 wurde das Drogerieunternehmen gegründet, erlebte vor etwa hundert Jahren seine Blütezeit und wurde 1976 endgültig eingestellt) umfasst derzeit vier Kreationen: Sowohl „1A-33“ als auch „Treffpunkt 8 Uhr“ sind von Nyberg verantwortete Revitalisierungen von alten Schwarzlose-Parfums; mit „Rausch“ und „Trance“ legte die Französin außerdem gänzlich neue Kompositionen vor. Großartig und durchaus berlinerisch in einem Döblin’schen oder auch Isherwood’schen Sinne ist die Neuauflage von „Treffpunkt 8 Uhr“; der Duft soll ja schon mit seinem Namen verführerische Eskapaden des Nachtlebens evozieren, das interessante, um eine dominante Salbeinote konstruierte Bouquet ist insofern nicht unstimmig (die butterige Sanftheit von Salbei legt indes auch Abstecher in feine Esslokale nahe).
Bei aller Liebe zur Historie, so Tamas Tagscherer, blicke man freilich auch gern nach vorn: Man ist bereits in einigen Märkten vertreten (in Österreich gibt es die Düfte exklusiv bei „Le Dix-Neuf“ in Wien zu kaufen), die nächste Lancierung ist für Herbst 2013 geplant. „Und wir sind offen für Kooperationen mit Designern aus der Berliner Modeszene, die sich ja ebenfalls eines ausgezeichneten Rufs erfreut“, erzählt Tagscherer. Das Morgen ist also ebenso spannend wie das Gestern.