Das Comeback des Siegertyps

Waschbrettbäuche werden zum Politikum, und auch die Beautybranche zelebriert ein hünenhaftes Männerbild.

Muskelbepackte Athleten, Helden auf ihren Streitrössern, Gladiatoren in der Arena – und zwischendurch erholsamerweise (weil zu Identifikationszwecken unter Umständen eher geeignet) ein Fünkchen Klamauk à la Louis de Funès: Dieser Mannsbildcocktail wurde dem Fachpublikum in einem Zusammenschnitt von Filmsequenzen bei der Präsentation des neuen Männerduftes von Paco Rabanne vorgeführt. Die Message des Imagevideos war recht unmissverständlich: „Invictus“, auf diesen Namen wurde das Parfum bezeichnenderweise getauft, ist nichts für Schwachnaturen.
„Everybody wants to be a winner“, brachte der konsequenterweise überaus dynamische Marketingchef denn auch das hier transportierte, eher traditionell gehaltene Männerbild auf den Punkt. Aha.

Diszipliniert. Die Optimisten unter den Anwesenden ergänzten in Gedanken: Wer nicht mit einem V-Körper gesegnet ist beziehungsweise nur alibihalber die Mitgliedsbeiträge im Fitnessstudio abstottert, kann ja wenigstens durch eine viktoriöse Duftwolke Zeugnis von seinem Siegeswillen ablegen.
In Österreich, wo zuletzt angesichts sich teil-entblätternder Politiker der durchtrainierte Oberkörper sogar zum Wahlkampfthema im Spätsommerloch wurde, kommt der Launch von „Invictus“ zu einem geradezu brisanten Zeitpunkt. Der gestählte Körper des selbstbewusst posierenden Siegertyps wird nachgerade zum Ausdruck einer Lebenshaltung: Ohne Fleiß kein Preis. Zu einem ähnlichen Schluss gelangte auch Thomas Kramar, Feuilleton-Chef der „Presse“, in seiner Analyse der Politikertorso-Causa mit Seitenblicken auf andere Sixpacks: „Es lehrt uns die Herrschaft des Waschbrettbauchs: Wir leben in einer sehr disziplinierten Zeit.“

Auch im Modeuniversum schicken sich ja kräftige Muskelmänner an, die Herrschaft spindeldürrer Rockstar-Boys (denen in erster Linie Hedi Slimane bei Saint Laurent Paris die Stange hält) auf den Laufstegen zu beenden. Nach neu lancierten Unisexdüften oder gar, horribile dictu, dekorativer Kosmetik für „echte Männer“ sucht man derzeit auch eher vergeblich. Die Hochkonjunktur, die das „Traditionelle“ (siehe Handwerkskunst und Oktoberfestboom) in anderen Bereichen erlebt, greift offenbar auch auf werbewirksam konstruierte Männerbilder über.

Sportsgeist. Begleitend zum Launch von „Invictus“ wurde ein Wettbewerb auf der Website www.pacorabanne.com/invictus initiiert. Hier präsentieren Spitzensportler sieben Charityprojekte – und ihre makellosen Sixpacks; die User sind aufgefordert, ihren Favoriten auszuwählen und ihm zum Sieg zu verhelfen. Als Prämie winkt den Kandidaten die Finanzierung der Projekte, das ausschlaggebende Kriterium möge aber nicht (allein) die Beschaffenheit ihrer Oberkörper sein. 

Die Sinnlichkeit des starken Mannes

Die Parfumeurin Véronique Nyberg von dem „International Flavours and Fragrances“-Konzern kreierte mit ihrem Team das „Invictus“-Parfum. Auch ihr diente als Arbeitsgrundlage das Imagevideo, das in Paris präsentiert wurde: „Das Briefing war sehr präzise, sehr visuell – ein Parfum für einen ganz bestimmten Typ Mann.“ Um die Angelegenheit nicht allzu klar werden zu lassen, entschied sie sich für eine, wie sie sagt, „bipolare Konstruktion: Wir haben mit einem tierisch sinnlichen, sexuell aufgeladenen Ambre-Gris-Akkord gespielt, ihn mit frischen Zitrusnoten kombiniert.“ Im Lauf eines Tages sollen diese Akkorde – Frische und Sinnlichkeit – alternierend in den Vordergrund treten und so zwei verschiedene Seiten des starken Mannes evozieren. „Vielleicht“, meint Nyberg mit einem Augenzwinkern, „sind es ja gerade die zwei Seiten – das nicht allzu Eindimensionale –, die den Siegertypen ausmachen.“ Mit anderen Düften von Paco Rabanne, besonders dem kommerziell sehr erfolgreichen „One Million“, habe „Invictus“ seinen dominanten Charakter gemein. „Das erwarten sich die Kunden von den Düften der Marke“, unterstreicht die Parfumeurin. Selbst wenn sie auf ein „wirklich globales Publikum“ abgezielt habe, ist doch erwiesen, dass etwa frische Zitrusnoten sich besonders in Deutschland und Nordeuropa großer Beliebtheit erfreuen. In China sei hingegen „eine einfache Lesbarkeit“, also eine überschaubare Anzahl von Inhaltsstoffen, wichtig für den Erfolg beim Publikum.

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