Gleich nach dem Auftragen katapultiert das Parfum den Träger in ein Schnittblumengeschäft.
Wenn in der Haute Parfumerie von „Grün" die Rede ist, dann ist damit in einer gängigen Klassifikation der Duftnoten zumeist eine Untergruppe der sogenannten frischen Düfte gemeint. Für die Grünfärbung sorgt eine Reihe von Riechstoffen, die von Minze übers Geranien- oder Tomatenblatt bis Basilikum und Apfel eine ziemlich große Bandbreite abdecken. Die Erwartungshaltung an ein Parfum, das sich einfach „Green" schimpft, wird also auf dieses olfaktorische Umfeld abzielen. Der Gründer der schwedischen Nischenmarke Byredo freilich, Ben Gorham, hatte bei der Konzeption seines ersten Duftes, „Green", im Jahr 2006 aber anderes im Sinn. „Green" versteht sich nämlich als eine Hommage an den Geruch, den Gorhams (Jahrgang 1978) eingedüftelter Vater in den ersten Jahren seiner Kindheit verströmt hat. Das ist ein sehr persönlicher Zugang, und für „Green" heißt das, dass sich über die gesamte Dauer der Duftentwicklung eine Sillage mit Überraschungseffekten entfaltet: Gleich nach dem Auftragen katapultiert das Parfum den Träger in ein Schnittblumengeschäft - die charakteristische Mischung aus gekappten Stängeln und einem vagen Mix aus verschiedenen Blütendüften kennt jeder, der nicht völlig floristikresistent ist. Bald darauf wandelt sich dieser Charakter jedoch, und „Green" dreht sich, vielleicht wegen einer Moschuskomponente, in eine nicht unangenehme, doch deutlich seifige Richtung (vielleicht hat ja Gorhams Vater sogar zu „White Linen" von Estée Lauder gegriffen, oder man erahnt eine eigentümliche Variation von „Paco Rabanne pour Homme", lanciert 1973). Mit dem „Green"-Mascherl muss man es in diesem Fall auf jeden Fall nicht allzu genau nehmen. Für eine bessere Geruchswelt ist freilich trotzdem gesorgt.
Knallfarbe. Nach allem erdenklich Grünen riecht „Green" von Byredo, 100 ml um 98 Euro.
Tipp
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