Viktor & Rolf: Modekunst und Duftgesprenge

Große Show. Mit dieser bombastischen Kollektion lancierten Viktor & Rolf 2005 ihr erstes Parfum „Flowerbomb“.
Große Show. Mit dieser bombastischen Kollektion lancierten Viktor & Rolf 2005 ihr erstes Parfum „Flowerbomb“.(c) Beigestellt
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Das niederländische Designerduo Viktor & Rolf macht neuerdings nur mehr Haute Couture. Umso wichtiger für die Marke ist der Erfolg ihrer Parfums.

Eine Google-Bildersuche zur Vor- oder Nachbereitung eines Treffens mit Viktor Horsting und Ralf Snoeren (und um herauszufinden, wer nun wer ist) zeitigt ein nicht sehr aussagekräftiges Ergebnis: Die beiden sind nämlich so gut wie immer gemeinsam abgebildet, und dann auch noch meistens im Partnerlook.

„Wir kennen einander schon so lang, eigentlich seit wir 18 sind. Das heißt, wir sind mittlerweile alt genug, dass die Zeit des Einanderkennens das Einandernichtkennen auf die Lebenszeit bemessen überwiegt“, sagt Ralf Snoeren am Tag nach der letzten Haute-Couture-Kollektionspräsentation der beiden Niederländer in Paris und ergänzt: „Unsere Freundschaft ist die Grundlage von allem, was wir tun, und natürlich auch von unserer Zusammenarbeit. Ebenso wie unsere Beziehung zueinander entwickelt sich auch sie ständig.“

Wandbehang. Die Couture-Kollektion dieses Winters ist eine modische  Gemäldegalerie von Viktor & Rolf.
Wandbehang. Die Couture-Kollektion dieses Winters ist eine modische Gemäldegalerie von Viktor & Rolf.(c) Beigestellt

Nur mehr Couture. Viktor & Rolf – sie haben Ende der Neunzigerjahre übrigens einen Gastauftritt als Professoren der Modeklasse an der Universität für Angewandte Kunst absolviert und sich verabschiedet, weil sie in einem von der FPÖ mitregierten Österreich nicht länger arbeiten wollten – haben zuletzt ihrer Karriere eine neue Wendung gegeben, die als Ergebnis eines längeren Prozesses durchaus stimmig ist. Viktor & Rolf galten seit jeher als heraus-
ragende Modekünstler und machten mit Spektakeln von sich reden, die häufig mit performativen Elementen aufgeladen waren. Ihrer Reputation haben sie zuletzt insofern Rechnung getragen, als sie ihre Prêt-à-porter-Linie aufgegeben haben und sich, wie etwa auch Jean Paul Gaultier, nun ausschließlich auf Haute Couture konzentrieren.

„Natürlich war das eine Entscheidung, die wir ganz bewusst getroffen haben“, so Snoering. „Schließlich fühlen wir uns als Modekünstler, als Fashion Artists. Mit unserer aktuellen Haute-Couture-Kollektion sind wir noch einen Schritt weiter in diese Richtung gegangen und wollten verdeutlichen, dass Mode und Kunst für uns eng verbunden sind.“ Für das Defilee zogen die beiden Designer den Mannequins Kleider an, die wie gefaltete und gerahmte Kunstwerke aussahen. Am Ende des Präsentationsdurchlaufs über den Catwalk zog das bebrillte Duo jedem Model das Kleid aus und hängte es an eine Wand, die so allmählich zur Mode-Kunstgalerie wurde. „Alles, was hier aufgepinselt oder -gemalt aussieht, ist in Wahrheit aber mit echten Couture-Techniken verarbeitet“, unterstreicht Snoeren im Gespräch mit dem „Schaufenster“. „Wir sehen keine Drucke, sondern Jacquards und Stickereien. Die Bandbreite der Möglichkeiten auszureizen, bis in die äußerste Perfektion zu gehen, das ist das, was uns in unserer Arbeit immer angetrieben hat.“

Jubeljahr. Vor zehn Jahren läutete  „Flowerbomb“ die Mode der floralen Gourmand-Parfums überhaupt erst ein.
Jubeljahr. Vor zehn Jahren läutete „Flowerbomb“ die Mode der floralen Gourmand-Parfums überhaupt erst ein.(c) Beigestellt

Gegensätze, harmonisch vereint. Wenn die Mode in den Hintergrund tritt, oder, wie es bei Horsting und Snoeren nun der Fall ist, als Einnahmequelle wegen der Limitierung auf das deutlich schwierigere Umfeld der Haute Couture eine untergeordnete Rolle spielt, werden andere Aspekte wichtiger. Erstaunlich großen Erfolg hat, glücklicherweise für die beiden, seit zehn Jahren ihr erster Duft „Flowerbomb“. Unzählige Neuauflagen und Varianten hat es in der Folge gegeben, und der Duft läutete 2005 die Welle der floralen Gourmand-Parfums ein. Während der Haute-Couture-Woche in Paris wurde das Jubiläum der rosa Duftbombe ausgiebig gefeiert.

„In unserer Welt sind Mode und Parfum eng verwandt, das war von Anfang an so – lang, bevor wir von einer internationalen Karriere träumen konnten“, sagt Rolf Snoeren. Der Name des zu entwickelnden Dufts, „Flowerbomb“, stand am Anfang des Prozesses; die beiden Designer woll-ten scheinbar Gegensätzliches – liebliche Blumen und eine den Zorn darstellende Bombe – auf einen Nenner bringen. Die Gourmand-Note kam erst später ins Spiel: „Wir mögen Süßes, aber was uns hier von Anfang an fasziniert hat, war die Option, dem Floralen eine neue Eigenschaft zur Seite zu stellen“, sagt Viktor Horsting bei der „Flowerbomb“-Jubiläumsfeier in Paris. „Nur Blumen, das könnte auch altmodisch und allzu vertraut
wirken. Die Kombination aus Floralem
und Gourmand-Charakter war zu dem Zeitpunkt aber neu.“

Stets wiedererkannt. Auch nach zehn
Jahren Dauerbewerbung ihres erfolgreichen Parfum-Erstlings sind Horsting und Snoeren der Blumenbombe nicht müde geworden. „Ich bin jedesmal angenehm berührt, wenn eine Frau an mir vorübergeht, die unser
Parfum trägt. Das kann überall passieren, auch in Amsterdam – auf dem Radweg“, meint Horsting. Und Snoeren ergänzt: „Oder in Bali am Strand. Wo auch immer auf der Welt, ,Flowerbomb‘ ist so markant, dass es leicht wiedererkennbar ist, und das finde ich schön.“

Der Autor reiste auf Einladung von L‘Oréal Luxe nach Paris anlässlich des Flowerbomb-Jubiläums.

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