Hien Le: Kleiner Flakon, große Hoffnung

Lokalmatador. Hien Le ist einer der ­bekanntesten Modedesigner aus Berlin.
Lokalmatador. Hien Le ist einer der ­bekanntesten Modedesigner aus Berlin.(c) Beigestellt
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Das erste Parfum des Designers Hien Le ist ein interessanter Fall von Mode- und Duftmarketing.

Ein bisschen nervös sei er schon gewesen, als ihm der Parfümeur zum ersten Mal eine Probe zur Begutachtung schickte, sagt Hien Le. „Es hätte ja sein können, dass die Komposition meinen Geschmack überhaupt nicht trifft. Und dann wäre es natürlich schwierig geworden.“ Doch dazu kam es natürlich nicht, und die Zusammenarbeit mit dem in der Duftbranche überaus geschätzten, unabhängigen Parfümeur Mark Buxton verlief von Anfang bis Ende „ganz unkompliziert“, so der in Berlin lebende Designer. „Mein erstes Parfum zu machen stellte sich als viel einfacher heraus, als ich es mir vorgestellt hatte. Und obwohl ich mich nicht in erster Linie als Duftmenschen bezeichnen würde, war es faszinierend, so intensiv über ein erst zu kreierendes Parfum zu sprechen.“

Berliner Fixgröße. Wiewohl kein ganz Großer, was Umsatz oder Produktionsvolumen betrifft, zählt Hien Le doch zu jenen Designern, die in den letzten Jahren die Position von Berlin als deutsche Modehauptstadt gefestigt haben. Schon mehrmals eröffnete er mit seinem Defilee die Fashion Week im offiziellen Modezelt, in den letzten Saisonen zeigte er seine Kollektionen hingegen in Berlins wohl prominentester Off-Location, dem Kronprinzenpalais. Strukturiert ist freilich die Modeszene in der deutschen Hauptstadt ähnlich wie etwa jene in Wien: Eine große Industrie, die das kreative Potenzial unterstützend begleiten könnte, gibt es in der Bundesrepublik nicht. Und wenn deutsche Avantgarde-Labels in Modestädten wie Mailand oder Paris um die Aufmerksamkeit internationaler Käufer buhlen, ist von einer Laufstegpräsentation aus Kostengründen zumeist keine Rede mehr. Ein parallel zur eigenen Mode lancierter Duft kann sich da möglicherweise sogar als Türöffner zu wichtigen Concept Stores erweisen.

Im Dialog. Mark Buxton und Hien Le feilten gemeinsam am Duftkonzept.
Im Dialog. Mark Buxton und Hien Le feilten gemeinsam am Duftkonzept.(c) Beigestellt

Fortsetzung folgt. „Alle Läden, die meine Kollektion ankaufen, haben auch den Duft ins Sortiment übernommen“, erzählt Hien Le. „Es sind aber auch Shops dabei, die fürs Erste nur das Parfum gekauft haben – ich hoffe natürlich, dass es auch den umgekehrten Effekt geben wird.“ Obwohl er selbst schon seit Längerem mit dem Gedanken spielte, „wie die Großen in der Branche“ einen eigenen Duft zu lancieren, wartete Hien Le für die Umsetzung auf einen geeigneten Partner. Die Giganten der Beautybranche aber, die Designerlizenzen für ihre Parfumlancierungen erwerben (etwa Estée Lauder, Coty oder L’Oréal), interessieren sich nur für Labels mit einer minimalen kritischen Masse. So waren manche Beobachter überrascht, als die Kooperation von L’Oréal mit dem relativ kleinen New Yorker Modelabel Proenza Schouler bekannt gegeben wurde.

„Man hatte mir zwar schon einige Male eine Partnerschaft angetragen; erst als Alexander Botov auf mich zukam, stimmten für mich aber alle Aspekte“, so Hien Le über die Entstehungsgeschichte seines ersten Parfums. Botov, der selbst einige Jahre lang Erfahrungen in der Kosmetikindustrie sammeln konnte und ein Marketingstudium mit einer Diplomarbeit über die Branche abschloss, gründete Anfang dieses Jahres die in München ansässige Duftmarke Verduu. Das Konzept, mit dem er durchstarten will, sieht die Zusammenarbeit mit „noch nicht ganz großen, aber auch nicht mehr völlig unbekannten Designern mit großem kreativen Potenzial vor“, so Alexander Botov zum „Schaufenster“. Seine langjährige Erfahrung im Business nützte Botov am Ende für die Gründung einer eigenen Firma; Vorgespräche für das erste zu lancierende Parfum gab es mit mehreren Designern. „Am Ende hat bei Hien Le dann für beide Seiten alles zusammengepasst“, so Botov. Weitere Verduu-Düfte in Kooperation mit anderen Designern sind aber in Vorbereitung und sollen rechtzeitig zur nächsten Berliner Modewoche lanciert werden. „Unser zweites und drittes Parfum werden wir mit Michael Sontag und Sissi Goetze machen. Die folgenden Düfte werden wir dann nicht mit Berliner Designern machen, sondern voraussichtlich mit Labels in New York und Paris.“

Zum Konzept von Botovs Nischenmarke Verduu gehört es auch, dass die Parfums in nur einer Flakongröße – nämlich mit 15 Millilitern Fassungsvermögen – ausgeliefert werden. „Diese handliche Ausführung gehört zu meiner Idee einer Duftgarderobe, weil die Kunden sich so eher mehrere verschiedene Parfums aus unserer Kollektion kaufen“, sagt Botov. Außerdem falle so der Verkaufspreis trotz der relativ hohen Kosten pro Milliliter nicht allzu hoch aus. „In der Nischenparfümerie kostet ein 50-ml-Flakon einer kaum bekannten Marke schnell einmal über 200 Euro, das finde ich für Konsumenten schwierig.“

Kompakt. Das Parfum im 15-ml-Flakon kostet 39 Euro, verduu.com.
Kompakt. Das Parfum im 15-ml-Flakon kostet 39 Euro, verduu.com.(c) Amos Fricke

Fast auf Anhieb. Als olfaktorischen Komponisten des Parfums von Hien Le engagierte Alexander Botov mit dem unabhängigen Parfümeur Mark Buxton eine besonders prominente Person für die Verduu-Premiere. Buxton ist in
der Branche kein Unbekannter; seine jahrzehntelange Zusammenarbeit mit zum Teil großen Kosmetikkonzernen prädestinierte ihn als Interpreten von Hien Les Modeästhetik. „Ich habe mich von Mark wirklich gut verstanden gefühlt“, bestätigt denn auch Hien Le. „Bereits die zweite Duftprobe, die er mir aus Paris nach Berlin schickte, hat perfekt gepasst. Und das war für mein erstes Parfum natürlich die Voraussetzung.“

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