Cremen: Eine sanfte Umarmung

(c) Christine Pichler
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Zarter Schleier oder kompakter Hautkontakt: Cremen unterstreichen ihr individuelles Pflegeversprechen auch durch die passende Textur.

Wenn sie könnten, würden luxuriöse Hautcremen den Menschen beim Öffnen des Tiegels wohl sogar ein Ständchen vorsingen. Und wer weiß, vielleicht sieht ja die Kosmetik der Zukunft tatsächlich sphärische Glasharfenklänge vor, die nach dem Prinzip „Spieluhr 2.0“ aus miniatürlichen Lautsprechermodulen im Cremeglas entweichen.

Bereits jetzt ergänzen Forscher das multisensorische Pflegeerlebnis um andere Sinneseindrücke: Neben den eigentlichen Anti-Aging-Wirkstoffen ist etwa der Duft einer Creme wichtig, auf den richtigen Farbton vergisst man auch nicht. Vielleicht die wichtigste Untermauerung des jeweiligen Pflegeversprechens erfolgt aber durch die passende Textur. Schließlich werden die Produkte ja auf die Haut aufgetragen und somit in erster Linie „verspürt“. Fingerspitzengefühl ist auch in der Entwicklung von Texturen vonnöten: Den zum einen variieren Konsumentenerwartungen von Land zu Land, zum anderen gibt es einen Zusammenhang zwischen angepriesener Wirkung und Textur.



Schichtarbeit. So wird eine kompakte, fettige Creme schwerlich versprechen können, kühlende Frische zu spenden. Und ein zart schmelzendes Serum ist wahrscheinlich nicht das Richtige im Advanced-Anti-Aging-Segment. Die Bedürfnisse von 960 Frauen in Frankreich, den USA, China und Japan hinsichtlich der Texturen ihrer Hautpflege erfasste zuletzt eine Studie von Chanel Beauté.

Basierend auf den Ergebnissen einer Umfrage, die auf 32 sensorische Attribute abzielte, wurde die Anti-Aging-Creme „Le Lift“ Anfang dieses Jahres vorgestellt. Das Besondere daran: Die Inhaltsstoffe sind in den drei Varianten dieselben, doch sollen mit „Crème“, „Crème fine“ und „Crème riche“ individuelle Wünsche in puncto Konsistenz, Zartheit, Einziehdauer, Fettigkeit möglichst punktgenau erfüllt werden. „Die Vorliebe für eine bestimmte Textur hängt auch mit dem Hauttyp zusammen“, unterstreicht Cécile Gasbarian von Lancaster Skincare. „Die meisten Frauen haben eine Mischhaut, das ist in allen Ländern so. In China ist eine Neigung zu fettiger Haut aber eher selten. Mit zunehmendem Alter wird wieder bei Frauen in allen Ländern die Haut trockener.“ So erklärt Gasbarian die von Land zu Land, aber auch die von Altersstufe zu Altersstufe variierenden Wünsche.

Tatsächlich werden von Lancaster auf die Charakteristika verschiedener Märkte abgestimmte Produkte lanciert: „In ganz Europa bringen wir unsere Cremen mit denselben Texturen heraus. In Ergänzung dazu entwickeln wir manchmal leichtere Varianten für asiatische Länder: Die Kunden sind häufig jünger und tendieren zu einem ,Layering‘ verschiedener Anwendungen.“ 

Eben dieses „Layering“, also die Überlagerung von bis zu zehn Schichten verschiedener Produkte in Kombination, erwähnt auch der Forschungsdirektor von Sisley Kosmetik, José Ginestar, als Besonderheit in asiatischen Märkten: „Wegen dieses ‚Mille feuilles‘-Prinzips achten wir darauf, dass unsere Produkte miteinander kompatibel sind.“

Auf die Frage, ob es stimme, dass österreichische oder deutsche Frauen tendenziell eher kompakte Texturen bevorzugen, antwortet Ginestar: „Das Klima in Nordeuropa trägt im Winter dazu bei, dass die Haut schneller austrocknet und angegriffen wird. Diese Witterungsbedingungen lassen Kundinnen aus nördlichen Ländern eher zu reichhaltigeren, schützenden Texturen greifen. In Südeuropa hingegen, und besonders im Sommer, sind leichtere Cremen gefragter.“ Mit einem neu lancierten Produkt wendet sich Sisley nun an die Frauen um die Dreißig – auch hier gelte es, so Ginestar, besondere Bedürfnisse zu beachten: „Wir wollten ein samtiges Gefühl erzeugen, sehr zart und leicht, mit einem stark hydrierenden Gefühl.“

In den LVMH-Forschungslabors außerhalb von Paris erarbeitet Brigitte Noé passende Texturen. „Im Allgemeinen sind kaukasische Hauttypen sich ähnlich“, meint sie, fügt aber hinzu: „Chinesinnen verwenden zum Teil eher die für Europa konzipierten Texturen als jene für Japan.“

Wie ein Seidenstrumpf. Noé überwachte auch die Entwicklung der Textur des neuen Kosmetik-Allrounders „Dreamskin“ aus der „Capture Totale“-Serie von Dior: „Diese Textur ist so leicht, dass sie auf der Oberfläche der Haut fast nicht spürbar ist, zugleich soll sie Feuchtigkeit spenden und eine Anti-Aging-Wirkung entfalten. Es galt also, gegensätzliche Wirkungen zu vereinen.“ Ihre „Dreamskin“-Mission fasst Noé recht prägnant zusammen: „Wir wollten den Effekt einer unsichtbaren Strumpfhose erzielen.“ Das ist natürlich recht kokett gesagt: Wer mit seiner Hautpflege zufrieden ist, wird sich ja gewiss keinen Strumpf mehr über das Gesicht ziehen wollen. 

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