Sonnenbad: Strahlenschutz

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Der unwiderstehlich guten Laune der Sonne ist mit ein wenig Vorsicht zu begegnen.

Früher war zwar nicht alles besser, aber doch vieles einfacher. Sonnenschutz zum Beispiel. Bis weit in die Achtzigerjahre hinein galt die Faustregel, dass der erste Sonnenbrand der Saison der beste Schutz gegen weitere Sonnenschäden sei. Zufrieden blickte man auf feuerrote Schultern und verbrannte Nasenspitzen – schlimmer konnte es von nun an ja nicht werden. Progressivere Sonnenbader verwendeten immerhin Tiroler Nussöl, um ihre Sommerhaut zu schützen. Natürlich das Original, ohne Lichtschutzfaktor. 30 Jahre später sieht die Sache dann doch deutlich anders aus. Dass als Quittung für ungeschützten Sommersonnenkontakt im besten Fall Pigmentflecken und Falten, im schlimmsten Hautkrebs drohen, hat sich inzwischen von Ipanema bis nach Podersdorf herumgesprochen. Die Kosmetikindustrie hat auf das neue Schutzbedürfnis reagiert und die Sonnenpflege zum Kosmetik-Allrounder weiterentwickelt. Längst interessieren sich Strandgänger nicht mehr nur für den Lichtschutzfaktor, Sonnencremes sollen auch jung halten, schön machen, vorhandene Sonnenschäden reparieren und dabei eine leichte, sommerlich duftende Textur haben, die Chlorwasser und Abrieb trotzt. Wie man da den Überblick behält? Es folgt ein kleiner Überblick der sommerlichen Alleskönner, die nichts anbrennen lassen.

Schön und geschützt.  Bei Tagescremes gehört der Lichtschutzfaktor mittlerweile zum Standard. Shiseido geht noch einen Schritt weiter und bietet in seiner Sun-Care-Pflegeserie auch Foundations in flüssiger Form, als Puder oder Stick an – jeweils mit Schutzfaktor 30. Shiseido-Trainerin Brigitte Wüste­feld empfiehlt die „UV Protective Foundations“ übrigens nicht nur für den Gebrauch im heißen Halbjahr: „Wir haben viele Kundinnen, die sie das ganze Jahr über verwenden – auch im Winter scheint schließlich die Sonne, und die Produkte sind beim Skifahren ideal.“ Guerlain geht mit seinem neuen „Terracotta Joli Teint – LSF20“ noch ein Stück weiter in Richtung Hightech. Als geheime Zutat fungiert ein Puder, das Unebenheiten kaschiert: „Die Pigmente sind mit einem biomimetischen, filmbil­denden Polymer umhüllt, das eine täuschende Ähnlichkeit mit der Struktur der Hautproteine besitzt“, erklärt Maria Rudel, Marketing Managerin bei Guerlain, den wissenschaftlichen Hintergrund der neuen Sonnenschutzformel.

Freundlicherweise packen die Kosmetikkonzerne auch ihr Know-how aus der Anti-Aging-Forschung inzwischen nicht mehr nur in ihre Pflegeserien, sondern zudem in diverse Sonnenprodukte. Das ist insofern sinnvoll, als durch die verstärkte UV-Strahlung vermehrt freie Radikale produziert werden, die die Hautzellen angreifen.

Anti-Aging-Sonnencremes können also gleich an der Wurzel des Übels wirken. Sisleys Serie „Sunleya G.E.“ etwa geht mit antioxidanten Aktivstoffen gegen freie Radikale vor. Einkornextrakt wirkt dem Festigkeitsverlust der Haut entgegen, Dillextrakt erhält die Spannkraft. Regina Klügel, Geschäftsführerin von Sisley, rät trotzdem davon ab, das Produkt gleich als kompletten Ersatz für Tagespflege zu nutzen: „Sonnenpflegeprodukte mit Filtern sollten nur zum Sonnenbaden gebraucht werden. Da sie alle zwei Stunden aufgetragen werden müssen, weil die Filter abgebaut werden, ist es nicht sinnvoll, diese speziellen Produkte wie eine Tagespflege zu verwenden.“

Auch die neue, parfüm- und ölfreie „Face Cream“ von Clinique bringt die üblichen Sonnencreme-Features – UV-A/UV-B-Schutz mit wahlweise LSF 30 oder LSF 40, Wasser- sowie Transpirationsresistenz – mit, ein Planktonextrakt soll zusätzlich noch Hautschäden reparieren. Und auch Sensais neue Linie „Silky Bronze“ beinhaltet nicht nur Sonnenfilter, sondern auch einen Schutz vor Langzeitschäden. Dabei kommt ein Abwehrmechanismus zum Einsatz, der nicht nur die Hautoberfläche vor UV-B Strahlen abschirmt, sondern auch die tieferen Schichten der Haut vor Alterungserscheinungen durch UV-A-Strahlen behüten und die Zell-DNA schützen soll.

Strahlenabwehr ist bei der Entwicklung von Sonnencremes aber natürlich noch lange nicht alles. „Die Textur ist eine extrem wichtige Herausforderung für die Produktentwickler, weil diese dafür sorgt, dass man sich mit dem Produkt wohlfühlt. Wie lässt sich das Produkt auftragen und verteilen, wie schnell dringt es in die Haut ein, ohne ein klebriges Gefühl oder einen weißen Film zu hinterlassen? Wie fühlt sich hinterher die Haut an? Und letztendlich muss auch der Duft sommerliches Wohlbehagen vermitteln“, erklärt Barbara Engel, Manager Customer Service bei Sensai.

Der Duft der Sonne.
Über den angenehmen Geruch der Produkte aus seinem Haus muss sich Olivier Doucet aus der Forschungsabteilung bei Lancaster keine Gedanken mehr machen – der Mix aus Hyazinthe, Tomatenblättern, Ylang-Ylang, Vanille und Moschus gilt seit Jahren für viele als einer der bekanntesten Sonnenmilch-Duftklassiker.
„Sun Control“, die neueste Linie des Herstellers, sagt zudem schädlichen Infrarotstrahlen den Kampf an. Da es derzeit noch keine Möglichkeiten gibt, Infrarotstrahlung zu absorbieren, hat Lancaster eine Technik entwickelt, bei der die Strahlen durch einen physikalischen Filter mit Titandioxid und Rubinpuder reflektiert werden sollen. Ein zusätzliches Anti-Oxidantien-System verspricht, die durch Infrarotstrahlen entstandenen freien Radikale in der Haut zu neutralisieren. Der Name der Vorgängerserie, „Sun Age Control“, wurde übrigens bewusst nicht weitergeführt, denn, so Doucet: „Studien besagen, dass Frauen am Strand ungern das Wort ,Age‘ auf ihren Produkten zeigen. Hier wahren Frauen gern ihr Pflegegeheimnis“. Selbst wenn, könnte man hinzufügen, die meist eher knapp gehaltene Bekleidung ohnehin nicht viel Geheimnisspielraum lässt.

Ein Trend, der in den vergangenen Jahren definitiv zugenommen hat, betrifft die Verbreitung von Selbstbräunern und anderen „Farbverstärkern“, die die Wirkung der Sonne verstärken oder sogar ersetzen sollen: Wer sich für blasse Beine eine hübsche Tönung wünscht und im Freibad damit nicht recht weiterkommt, kann etwa zu Sonnenschutz mit Tan Booster greifen. Für das Gesicht gibt es außerdem Sonnenpuder wie „Diorskin Nude Tan“ von Dior, das den Teint zu jeder Jahreszeit intensiv erstrahlen lassen soll. Auch Sun Booster und Après-Soleil-Anwendungen mit intensivierender Wirkung gibt es immer häufiger.

Und die Kopfhaut? Creme ins Haar? Nun ja. Das Sonnenschutz-Mousse „Color Extend Sun Take Cover“ von Redken wird etwa vor dem Sonnenbaden ins trockene Haar einmassiert: Es soll einem Sonnenbrand auf der Kopfhaut vorbeugen.

Und wer, zu guter Letzt, beim Auftragen von Sonnencreme auch noch wohltätig sein möchte, greift zu Susanne Kaufmanns Sonnenkosmetik. Die Vorarlbergerin unterstützt das Charity-Projekt „I Wish U Sun“. Mit jeder verkauften Creme (LSF 25) wird einem Schulkind in Bangladesch eine Brille finanziert.

Mengenlehre. Egal, wie eine Sonnencreme nun wirken soll, ein Hinweis gilt für alle: nur nicht zu sparsam cremen. Eine Studie von Jürgen Lademann, Professor für Dermatologie an der Charité Berlin, hat gravierende Missstände im praktischen Sonnencreme-Einsatz offenbart. Fast alle seiner Probanden ließen die Ränder zu Haaren und Textilien uneingecremt, vergaßen die Ohrläppchen und verwendeten gerade einmal ein Zehntel der Menge, die notwendig wäre, um den angegebenen Lichtschutzfaktor zu erreichen. Korrekt wären zwei Milligramm Creme pro Quadratzentimeter Haut. Für den ganzen Körper braucht man etwa 30 Milliliter. Kleine Sonnenmilchmädchenrechnung: Eine klassische 250-Milliliter-Sonnencremeflasche reicht, bei zwei Anwendungen am Tag, also nicht ganz viereinhalb Tage. Kein Wunder, dass auch die Hersteller auf diesen Aspekt zu pochen pflegen.

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