Porzellanteint: Blasser Schimmer

Porzellanteint
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Schneewittchens Haut galt in Asien stets als Schönheitsideal. Nun werden Produkte für einen makellosen Porzellanteint auch in Europa immer beliebter.

Wenn Chinesinnen die perfekte Haut beschreiben sollen, dann machen sie das traditionell am liebsten so: Makellos soll sie sein und glatt wie ein frisch gekochtes, gepelltes Ei. Kein Wunder also, dass im Reich der Mitte rund 60 Prozent des gesamten Umsatzes bei Pflegeprodukten mit Whitening-Artikeln – also hautaufhellenden Produkten – gemacht werden.



Ein Blick auf deren Geschichte lässt einen tatsächlich rasch erbleichen: Einst schluckten Chinesinnen, um dem zweifelhaften Schönheitsideal gerecht zu werden, Pulver aus gemahlenen Perlen; alternativ kamen Cremen mit hoher Wasserstoffperoxid- oder Quecksilberkonzentration zum Einsatz. Noch im Jahr 2002 musste das Gesundheitsministerium in Hongkong einschreiten, nachdem zwei neue Mittel die erlaubten Quecksilber-Grenzwerte um das 65.000-Fache überschritten hatten.
Dabei stehen heute zum selben Zweck etwa zwei Dutzend legale Inhaltsstoffe wie Enzyme, Zuckerkomplexe oder Fruchtsäuren zur Verfügung. Allerdings war in den letzten Jahren eine leichte Trendwende erkennbar: Junge Chinesinnen streben heute nicht mehr unbedingt einen stark gebleichten Hautton an, sondern eine zarte, natürliche Honignuance. Das Schlagwort dafür lautet „Baifumei“ und setzt sich aus den drei Attributen „hellhäutig“, „reich“ und „schön“ zusammen.

Auch in Japan wird seit jeher einem hellhäutigen Ideal nachgeeifert. „Noch entscheidender als das Schönheitsideal ist in der Kosmetik aber die Hautbeschaffenheit: Asiatinnen altern wesentlich später, bekommen dafür aber schon sehr früh Pigmentverschiebungen“, weiß Ulrike Isemann, Geschäftsführerin von Shiseido Österreich. Das japanische Unternehmen bietet längst auch in Europa Hautpflegeprodukte zur Ausgleichung des Teints an, fast neun Prozent beträgt mittlerweile der Umsatzanteil einschlägiger Gesichtspflegeprodukte wie der „Intensive Anti-Spot-Linie“, die hauteigenes Melanin abtransportieren, lichtbedingte Pigmentflecken auflösen und die Neubildung dunkler Flecken hemmen soll.

Tang und Turmalin. Auch die Kosmetikmarke La Mer brachte bereits 2012 ihre Brightening-Serie „Blanc de la Mer“ nach Österreich, die eigentlich speziell für die Bedürfnisse asiatischer Haut entwickelt wurde. „Wissenschaftler haben festgestellt, dass die Haut von Asiaten einzigartige physiologische Eigenschaften besitzt und daher auch besondere Hautpflegebedürfnisse hat. Sie ist fragiler und empfindlicher als kaukasische Haut und verfügt zugleich über eine größere Elastizität und Festigkeit“, erklärt Birgit Bschliessmayer, Marketing- & PR-Managerin bei La Mer. So würde sich das Alter bei asiatischer Haut zunächst nicht in Linien oder Fältchen, sondern in dunklen Flecken, Hyperpigmentierung, ungleichmäßigem Teint und trockener, schuppiger Haut zeigen. Mit dem aktiven Wirkstoff eines bestimmten Seetangs und der Verwendung von roten, blauen und grünen Turmalin-Teilchen soll die La-Mer-Serie der Haut ein natürlich helles, ebenmäßiges Aussehen verleihen. Auch der Haut österreichischer Kundinnen natürlich – wobei die „vermehrte Nachfrage durch die steigende Anzahl asiatischer Touristen“ ebenfalls eine wichtige Rolle spiele, so Bschliessmayer.

Die Marke Clinique lehnt sich bei der Rezeptur von „Even Better Clinical“, das Hyperpigmentierungen verhindern und die Melaninproduktion stabilisieren soll, zwar nicht an die asiatische Tradition der Whitening-Produkte an, verwendet aber Wirkstoffe, die seit Jahrhunderten in der Traditionellen Chinesischen Medizin benützt werden. So soll ein spezieller Pilzextrakt Melanin-Ansammlungen in mikrofeine Teilchen aufbrechen. „Glucosamine und Salicylsäure aktivieren zudem den Zellerneuerungsprozess und tragen den aufgebrochenen, dunklen Melaninstaub schnell und gründlich ab“, erklärt Janet Pardo von Clinique International. Hört sich nach Hightech an? Soll es auch.

Schutzschild. Nicht weniger avanciert geht es in den Entwicklungslabors der Schwestermarke Estée Lauder zu. Der globale Beautyplayer wird im Februar kommenden Jahres in Österreich bereits seine zweite Whitening-Serie lancieren; dann wird die „Cyber White“-Linie durch die neue „Crescent White“-Kollektion ersetzt. Anita Marschalek, Director Public Relation bei Estée Lauder Österreich: „Für ,Crescent White‘ wurde das Problem der Entstehung von Pigmentflecken nochmals speziell unter die Lupe genommen. Umwelteinflüsse tagsüber führen zu Verfärbungen in der Nacht. Unsere neue Formel unterstützt den natürlichen Prozess, mit dem die Haut gegen Unreinheiten ankämpft.“ Auch Marschalek kennt den asiatischen Markt gut und weiß, dass die hohe Umweltbelastung vieler asiatischer Großstädte zu einer Oxidation der Haut führt, die gelbliche Flecken entstehen lässt. Auch die Vorliebe asiatischer Kundinnen für leichte, gelartige Texturen sei bei der Entwicklung der Serie berücksichtigt worden.

Überhaupt – die Textur: Gerade auf diesem Gebiet konnte die Marke Carita schon früh punkten, die den Markt seit den 1960er-Jahren mit innovativen Seren versorgt. Barbara Pfeifer, Trainerin bei Carita, erzählt: „Unsere Marke hat schon damals auf leichte Texturen gesetzt, obwohl der Kosmetikmarkt zu jener Zeit noch von sehr fetten Cremen dominiert war.“ Auch Carita hat natürlich eine Brightening-Linie namens „Ideal White“ im Angebot, die vor allem die enzymatischenVorgänge in der Haut ansprechen und regulieren soll. Schlüsselinhaltsstoffe: Maulbeerenextrakt und Vitamin C.

Aber noch einmal zurück zu den Hightech-Kosmetiklabors dieser Welt, konkret: in die „LaClinic“ in Montreux. Dort interessierten sich die Forscher des Kosmetiklabels Helena Rubinstein zuletzt vor allem für eine Laserbehandlung mit IPL (Intense Pulse Light), die auf die drei Anzeichen der sogenannten chromatischen Hautalterung abzielt: Flecken, Rötungen und Unebenheiten. „Unsere Labors haben sich von dieser in der ästhetischen Medizin gebräuchlichen Technik inspirieren lassen, um gemeinsam mit LaClinic die Produktlinie ,Laserist Solution‘ zu entwickeln“, so Christiane Montastier, Leiterin der ­wissenschaftlichen Kommunikation von Helena Rubinstein. Dabei sei eine völlig neuartige Verbindung von depigmentierenden Molekülen erarbeitet worden, die eine ähnliche Dreifachwirkung wie die Laserbehandlung beim Beauty-Doc erziele: Flecken aufhellen, Rötungen reduzieren und Unebenheiten ausgleichen.

Wer von so viel Hightech gleich ganz rote Wangen bekommt, sollte sich zur Teintregulierung eventuell doch noch einmal kurz in Richtung China orientieren. Dort reüssiert gerade ein völlig neuartiges Produkt gegen Pigmentflecken und Hautunebenheiten. Der „Facekini“ ist eine Maske aus gewöhnungsbedürftigem Badeanzugstoff und bedeckt außer Augen, Mund und Nasenlöchern praktischerweise das gesamte Gesicht, schützt so äußerst wirksam gegen Sonnenschäden. Kostenpunkt? Rund drei Euro. Um die ganze Pracht des Darunter zu bestaunen, muss man, ganz dem alten Ideal entsprechend, nur noch die Schale abpellen.

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