Gwenaël Nicolas: „Design ist Kommunikation“

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Ein Franzose in Tokio: Gwenaël Nicolas hat von der japanischen Mentalität gelernt und setzt in seiner Arbeit auf stille Raffinesse.

Neunzig Prozent seiner Kunden säßen zwar außerhalb Japans, meint Gwenaël Nicolas, um Auftraggeber in den USA reiße er sich aber nicht: „Wegen der Zeitverschiebung. Mit Europa beginnt mein zweiter Arbeitstag um etwa 18 Uhr Ortszeit, mit Amerika wird es aber fast unmöglich.“ Das will aber nicht heißen, dass Nicolas, der seit 1992 in Tokio lebt, Herausforderungen scheuen würde. Schließlich machte er sich als blutjunger Kreativer nach Japan auf, um so schnell wie möglich eigenständige Projekte realisieren zu können. „Kreativschaffen ist hier viel freier, man arbeitet immer mit dem Blick in die Zukunft gerichtet. In den mehr als zwanzig Jahren, die ich nun hier lebe, habe ich keine zwei Mal das Gleiche gemacht.“

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Die große Freiheit, die man als Gestalter in Japan genieße, könne, so Nicolas weiter, „manchmal fast Angst machen“ – zumindest bei einem Mangel an Erfahrung. Aus seiner Zusammenarbeit mit japanischen Auftraggebern hat er auch daraus gelernt, die Tradition mit dem Fortschritt harmonisch zu verbinden: „Gerade europäische Marken“, sagt der Designer, der etwa für Louis Vuitton und Fendi Interior- Design-Projekte realisiert hat, „betonen oft den Aspekt ihrer langen Geschichte so sehr, dass man vielleicht aus den Augen verliert, wie sehr sie doch im Jetzt verankert sind.“

Sich offenkundigen Gegebenheiten der Jetztzeit zu verschließen, das sei, meint Nicolas, ohnehin unzulässig. Die Menschen nutzen Social-Media-Kanäle, wollen unmittelbare Erlebnisse, haben wenig Zeit – darauf gilt es zu reagieren: „Wenn ich ein Objekt gestalte, zum Beispiel einen Kosmetiktiegel, denke ich an zwei Augenblicke: jenen, in dem ein Konsument diesen Gegenstand in die Hand nimmt, und jenen, in dem er ein Bild dieses Gegenstandes sieht. Design ist Kommunikation.“ Nicht umsonst heißt Nicolas’ Designstudio also „Curiosity“ – der Name ist Programm.

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Edle Zurückhaltung. Einer seiner prominenteren Auftraggeber aus Japan ist die Kosmetikmarke Sensai; seit fünf Jahren arbeitet der Franzose an einer Neugestaltung der gesamten Produktpalette. Die Grundform ist vom Kokon einer Seidenraupe inspiriert, denn die Firma beruft sich auf die pflegende Wirkung von Extrakten der Koishimaru-Seide. „Der Clou ist, eine Form zu finden, die sich variieren lässt und doch wiedererkennbar bleibt.“ Bei der Neulancierung der Premiumlinie „Extra Intensive Care“ entschied er sich für purpurfarbene Flakons: „Purpur ist in Japan die Inkarnation des Edlen, viel mehr noch als Gold. Die japanische Vorstellung von höchstem Luxus ist stille Raffinesse.“

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Während die Palette der Sensai-Produkte komplettiert wird, wartet die Fachwelt derzeit gespannt auf die Vorstellung des ersten Duftes der Marke. Präsentiert wird das Parfum noch 2015, den Flakon hat selbstverständlich Nicolas gestaltet: „Sagen kann ich darüber noch wenig“, so der Franzose, „doch es wird um eine andere Interpretation der Sensai-Identität gehen. Der haptische Kontakt mit einem Parfumflakon ist entscheidend; diesen Aspekt habe ich bei meinem Entwurf berücksichtigt.“

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