Beautyprodukte: Vom Feinsten

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Er wird schon als legitimer Nachfolger der UV-Strahlung gehandelt: Wie ein Feinstaub namens 2.5 die Beauty-Industrie aufwirbelt.

Na, im vergangenen Urlaub wieder mal ein bisschen zu ausgiebig gesonnt? Und gab es da nicht auch ein paar Nächte, in denen das Abschminken nicht mehr ganz so wichtig war? Entspannen Sie sich. Sie haben nämlich ganz andere Probleme. Laut neuesten Studien lauert der hinterlistigste Teint-Feind ganz woanders, und zwar in der Luft. Es handelt sich um den guten alten Feinstaub. Für Großstädterinnen mag das jetzt eine eher beunruhigende Nachricht sein; immerhin enthält sie keine neuen Gründe für allfällige Gewissensbisse.

Die Fakten: Das amerikanische Beautyunternehmen Olay konnte in Zusammenarbeit mit der dermatologischen Abteilung des General Air Force Hospital in Peking nachweisen, dass Frauen, die in Metropolen leben, signifikant schlechtere Haut als die Bewohnerinnen von weniger verschmutzten Vororten haben. So weit noch keine Erkenntnis, die uns um den Hausverstand bringt. Doch, so die Studie weiter, selbst wenn die Großstadtfrauen im Vergleich zu ihren ländlichen Mitprobandinnen einen viel gesünderen Lifestyle führen und sich intensiver pflegen, ist ihre Haut signifikant weniger durchfeuchtet. Und jetzt die nackten Zahlen: Um bis zu zehn Prozent sollen Cityfrauen schneller altern (rein hauttechnisch natürlich). Problematisch sei dabei vor allem eine Feinstaubart namens 2.5. Dabei handelt es sich um ultrafeine Partikel, die kleiner als 2,5 Mikrometer und damit maximal so groß wie handelsübliche
Bakterien sind. Zwar können diese fiesen Kleinteilchen die Haut nicht penetrieren, dafür haften ihnen bis zu 150   verschiedene Chemikalien an, etwa aus Autoabgasen oder Pestiziden, die in die Poren eingeschleust werden und dort gründlich für oxidativen Stress sorgen.

Dreck and the City. Es kommt noch schlimmer: Auch Pigmentflecken sind ein Großstadtphänomen. Laut einer Studie des Leibnitz-Instituts für umweltmedizinische Forschung (IUF) in Düsseldorf wiesen Frauen, die einer erhöhten Luftschadstoffkonzentration ausgesetzt waren, 20  Prozent mehr Pigmentflecken im Gesicht als Frauen aus dem ländlichen Raum auf. Nun gibt es Beautyprodukte gegen die unliebsamen Flecken seit Langem in Hülle und Fülle – der Hautalterung durch Luftverschmutzung widmet sich die Industrie jedoch erst seit Kurzem. Noch ist nicht restlos geklärt, ob nur einzelne Bestandteile oder das gesamte Luftschadstoffgemisch für die Entwicklung von Pigmentflecken verantwortlich ist. In jedem Fall gilt aber: Der Feind ist unsichtbar. Während die Auswirkungen von zu viel Sonne direkt – und oft auch schmerzhaft – zu bemerken sind, bleibt Luftverschmutzung meistens unerkannt und tut jedenfalls nicht weh.

Besonders wenig weh tut diese Erkenntnis natürlich der Beautybranche. Immerhin tut sich da eine gar nicht so kleine Marktlücke auf. Marc Toulemonde, Geschäftsführer der Active Cosmetics Division von L’Oréal USA, frohlockte etwa im „Wall Street Journal“: „Wir glauben, dass Luftverschmutzung die nächste UV-Strahlung ist.“ Auch beim World Congress of Dermatology in Vancouver wurde das Thema „Umweltverschmutzung“ in diesem Sommer genauer unter die Lupe genommen. Prof. Jean Krutmann, Direktor des Leibnizer IUF, prognostizierte dort, dass „der Effekt der Luftverschmutzung auf die Haut ein Problem ist, das über die Jahre immer wichtiger werden wird“.

Fassadenschutz. Im Kampf gegen den Feinstaub entwickelt die Kosmetikindustrie unterschiedliche Strategien. Dior lancierte jüngst mit „One Essential City Defense“ den ersten Toxinschild, der der Haut Schutz vor städtischer Umweltverschmutzung und UV-Strahlen bieten soll. Moringasamenextrakt soll dafür sorgen, dass sich weniger umweltschädliche Mikropartikel auf der Haut ablagern. Gleichzeitig werde die obere Epidermisschicht gestärkt, um eine biologische Toxinbarriere zu schaffen. Ein Antioxidans soll zudem Oxidationsreaktionen unterdrücken, die für die Verwandlung von Schadstoffpartikeln in Zelltoxine verantwortlich sind. Auch die „Anti-Pollution Reinigungs-Creme“ von Clarins setzt auf die intensiv reinigenden Moringaextrakte sowie auf pflegenden Stoffe aus Sheabutter und Mango. Die Epidermis soll beim Waschgang entgiftet und zugleich vor weiteren negativen Umwelteinflüssen geschützt werden. Außerdem erforschte

Clarins die Rolle von Zellboten, den sogenannten Exosomen, bei der Hautpigmentierung. Diese Proteinkomplexe reagieren besonders empfindlich auf Luftverschmutzung und senden „falsche“ Befehle aus. Die Folge: eine ungleichmäßige Überpigmentierung der Haut. Das im „Mission Perfection Sérum“ enthaltene Acerolapflanzenextrakt soll solche hautinternen Falschmeldungen blockieren.

Der japanische Beautyspezialist Sensai bringt bei seiner „Extra Intensive Mask“ die neuartige Emollient Veil Technology zum Einsatz. Über Nacht legt sich ein Ölkomplex aus Macadamianuss, Olivenkern und Jojobasamen wie ein leichter Schleier über die Haut. Dadurch soll die Lipidbarriere nachhaltig aufgebaut werden und die Haut für schädliche Stoffe undurchlässig werden. Praktisch: Im Schlaf sollen Avocado und Braunalge die Zellen zusätzlich mit Energie versorgen, außerdem sorgt ein zarter Duft für wohltuende Tiefenentspannung.

Eine wahre Multifunktionswaffe gegen Lichtschäden und Umweltbelastung bringt Shiseido in Stellung: Das „Future Solution LX Replenishing Treatment Oil“ kümmert sich mit einer Kombination aus hautidentischen Aminosäuren und nährenden Ölen nicht nur um das Gesicht. Das nicht fettende Produkt mit aromachologischer Wirkung soll auch gleich Haare, Hände und Nägel gegen Lifestyle-Ageing fitmachen. Auch Lancaster greift tief in die Beauty-
trickkiste. Das neue „365 Skin Repair Serum“ zielt direkt auf das menschliche Gen-Regulierungssystem, das sogenannte Epigenom, ab. Ein Komplex aus Himalaya-Reis, Trauben und Wegerich soll – simpel gesagt – die Zellen daran erinnern, wie sie sich als junge Zellen verhalten haben, und dafür sorgen, dass die entsprechenden Gene wieder korrekt ausgelesen werden.

Weg mit dem Dreck. Chanel indes macht sich für die Pflegeemulsion „Sublimage L’Essence“ einen Wirkstoff der Golden Champa Flower zunutze. Dieser soll die
Zellen tief im Inneren der Epidermis entgiften sowie
den Stoffwechsel der Zellen reaktivieren. Ein Harungana-Extrakt wirkt gleichzeitig direkt
an der Hautoberfläche, wo er durch sanfte Abschuppung deren Erneuerung begünstigen und für eine funktionierende Hautbarriere sorgen soll. Da vor allem unreine Haut empfindlich – etwa mit gesteigerter Talgdrüsenaktivität – auf negative Umwelteinflüsse reagiert, bietet La Roche-Posays „Effaclar K(+)“, eine hautbilderneuernde Pflege mit Vitamin E und Carnosin an. Verschmutzte Poren sollen dadurch langfristig gereinigt, der Hautglanz soll reguliert werden. Schon fast so etwas wie ein Klassiker im Kampf gegen umweltbedingte Hautreaktionen wie Zellschädigung und Rötungen ist „C E Ferulic“ von Skin Ceuticals. Das Serum, das den hauteigenen antioxidativen Schutz um das Achtfache erhöhen soll, wirkt sogar gegen bereits sichtbare Fältchen. Vitamin   C, Vitamin   E und Ferulasäure sollen dabei auch freie Radikale neutralisieren. Zusätzlich soll das Serum die Kollagenproduktion aktivieren und die Hautfestigkeit verbessern.

Insofern könnte man sich wirklich langsam mal wieder Sorgen um die UV-Strahlung machen.

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