James Bond: kulinarischer Luxus

Daniel Craig
Daniel Craig(c) REUTERS (ALESSANDRO BIANCHI)
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Bei James Bond ist die kulinarische Welt in Ordnung: Er trinkt Mouton-Rothschild, bestellt Eierspeise mit Trüffeln und mixt Martini. Die britische Luxusklasse, bevor Jamie Oliver an den Pastatopf durfte.

Das Steak war blutig, der Hummer rot und die Austern frisch: In den 50er- und 60er-Jahren war die Welt noch in Ordnung. Ein Mann wusste, was er zu bestellen hatte, in den guten Restaurants der Welt sprach man Französisch und kochte manchmal auch so. Der Gourmet mit Erfahrung hielt sich an hohe Preise, edle Herkunft und bekannte Namen. Gute Kavaliere bestellten für ihre weibliche Begleitung, deren Karten ohnehin keine Preise zierten, etwa Steinkrabben in zerlassener Butter. Die Männer wussten, was gut für die Frauen ist. Die Jamie-Oliver-Buben waren noch nicht einmal in Planung.

James Bond war da keine Ausnahme, im Kampf gegen Kommunisten und deren verbündete Bösewichte blieb wenig Zeit für großes Küchentheater, viel Eiweiß musste her, und das Beste an der UdSSR waren – abgesehen von den Liebesgrüßen – Wodka und Kaviar. Ja, er trank auch Wodka, und ja, auch pur. Denn die Martini-Geschichte mit dem Gerüttelt und Geschüttelt gilt zu Recht als eine der größten Legenden in der Filmgeschichte.

Ohne Champagner keine Unterhaltung. Autor Ian ­Fleming ließ seinen James Bond keineswegs nur den heutigen Barklassiker, sondern auch schon einmal ­einen Sake in Japan, Wodka mit Russen oder Rum in Jamaika trinken. Wobei der Mann wie sein Schöpfer sehr gerne trank und aß. Auch wenn so viel Alkoholkonsum im neuen Trost-Bond von wegen Vorbildwirkung nicht mehr sein darf, der originale Bond hatte ständig ein Glas in der Hand. Ohne Champagner keine Unterhaltung mit einer Frau, ohne Drink keine Entspannung, ohne Flasche Wein war das Essen sinnlos. Kein Wunder also, dass sich Bond oder eben sein Erfinder vor allem beim Trinken auskannte. Dabei hielt Bond, ganz der klassische englische Gentle­man, die Trikolore hoch: Man trinkt Champagner mit Jahrgang. Während Europa noch von schlechtem Sekt träumte und Prosecco noch gar nicht kannte, orderte Bond den ­legendären Taittinger Blanc de Blancs Brut 1943 oder 1953, ebenfalls auf der Liste stand Dom Peri­gnon 1946.

Auch beim Wein setzte Bond auf die großen Güter: Der Mouton-Rothschild hält sich seit den ersten Fleming-Büchern bis heute an der Weltspitze. Im 1971 gedrehten „Diamantenfieber“ identifizierte Bond einen falschen Sommelier, weil dieser nicht wusste, dass es sich bei einem Wein um Bordeaux handelte. In „Liebesgrüße aus Moskau“ wusste Bond sofort, dass Captain Nash kein britischer Agent sein konnte: Rotwein zum Fisch – das kann kein Guter sein.

Das Wichtigste an einem Agenten und Gentleman ist, dass er ganz genau weiß, was er will: So nennt ihn der Bond-Experte und Autor Eduard Habsburg – ja, der Familienname stimmt – einen „unglaublich peniblen und genauen Genießer“. Wie bei einer alten Dame dürfe kein Schritt in der Zubereitung eines Drinks oder eines Gerichts von seinen Anweisungen abweichen, sagt Habsburg, der Bond einen der großen Genießer nennt, obwohl dies in den Filmen immer zu kurz komme. (Habsburg hat das entzückende Büchlein „James Bond in 60 Minuten“ im Thiele Verlag herausgebracht.) Im Roman „Casino Royal“ – und auch im Film – ließ Bond einen Wodka-Martini zubereiten, den er Vesper nannte: drei Teile Gordon’s Gin, ein Teil Wodka und ein halber Teil Kina Lillet Wermut, in Eis schütteln, bis er kalt ist, und mit einem langen schmalen Streifen Zitronenschale servieren!

Die Schlüsselszene in puncto Essen, Trinken, Entscheidungsfreude und Bond findet sich in „Moonraker“: In Kapitel fünf lud M Bond in den Blade-Club ein, wo man bestellen konnte, was man wollte. Bond zögerte keine Sekunde als Gast von M und orderte: geräucherten Lachs, dann Lammkoteletts mit frischen Erdäpfeln und – es war gerade Saison – weißen Spargel mit Sauce béarnaise. „Klingt wundervoll“, meinte Bond. Noch eine Scheibe Ananas, und alles war gut. M quittierte die Bestellung übrigens mit einem „Thank God for a man who makes up his mind.“ Bond-Experte Autor O. F. Snelling kommentierte das in seinem 1964 erschienenen „007 James Bond, a Report“ so: „Unser Mann weiß exakt, was er will, immer, egal ob er eine Speisekarte liest oder am Telefon eines Hotels in Frankreich, der Türkei oder Jamaika seine Stakkato-Order aufgibt.“ Dort bestellte Bond oft sein heimliches Lieblingsgericht: Eier, gerührt oder in der Bénédictine-Variante, und/oder mit Trüffeln. Und wenn in den Internet-Bond-Foren vom Lieblingsessen von 007 die Rede ist, geht es meist um die perfekte Eierspeise.

Apropos perfekt.
Habsburg nennt Bill Tanners „The Book of Bond“ eine der witzigsten 007-Annäherungen: Dort erfährt der Normalsterbliche, wie man sich als Bond zu verhalten hat. So sollte man als kleiner 007 immer eine ansehnliche Portion Beluga-Kaviar anbieten: Dank des Preises wird man sich das selbst zwar lange merken, die geladenen Esser erinnern sich aber noch viel länger daran. In Restaurants darf man nie vergessen, genug Toast zu bestellen. Denn, so die Bond-Weisheit, die auf jeder Party gut klingt: Es sei immer das Problem, dass zwar genug Kaviar, aber nie genug Toast auf dem Tisch sei. (Kleinverdiener können das ja beim Beef Tatar anbringen.) Bleibt die alles entscheidende Frage: Kann Bond selbst kochen? In seiner Junggesellenwohnung gab es eine Küche, seine Haushälterin bespielte sie auch, aber nachts bei Damenbesuch musste Bond selbst an den Herd, wie „Im Angesicht des Todes“ beweist: Er bereitete eine Quiche für Stacey Sutton zu. Kochen kann ein Mann eben, aber er spricht nicht darüber. Das kam erst viel später. Als die Buben die Küchen übernahmen.

TIPP

Alessandro Palazzi heißt der Barkeeper im Dukes Hotel, der seit mehr als 30 Jahren den original Ian-Fleming-Martini serviert – übrigens nie geschüttelt, weil er dadurch an Kraft und Stärke verliert. Sein Tipp: Immer nur zwei davon trinken. Alles andere hätte auch Bond umgehauen.

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