Vom Backen in der Bäckerstraße: „Baguette darf nicht zu hell sein“

Patricia Petschenig und R´emi Soulier haben beide in Paris gelernt.
Patricia Petschenig und R´emi Soulier haben beide in Paris gelernt.(c) Jürg Christandl
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Pekannuss-Salzkaramell und Blattgold, Brioche und Fougasse: Patricia Petschenig und Rémi Soulier haben die Boulangerie Parémi eröffnet.

Die Mehlspur zieht sich quer durchs Lokal. „Man sieht immer, wo Rémi gerade gearbeitet hat“, sagt Patricia Petschenig. In der Parémi, der neuen französischen Bäckerei in der Bäckerstraße, schließt der Kundenbereich direkt an den Produktionsraum an. Hinter großen Scheiben ist in Letzterem zu sehen, wie für Nachschub gesorgt und schon für den nächsten Tag vorbereitet wird. Wenn die Patissiére Zitronentörtchen nach vorn bringt oder der Bäcker frische Fougasse, vollführen alle Gästeköpfe samt diensteifriger Nasen synchron eine Drehung in Richtung Duftspur.

Das junge Paar Patricia Petschenig und Rémi Soulier (Parémi setzt sich aus den Vornamen zusammen) hat vor wenigen Tagen seine Boulangerie und Patisserie eröffnet. Dass diese ausgerechnet in der Bäckerstraße zu finden ist, ist Zufall. Die alten Gemäuer wurden umgebaut, originale Steinmauern sichtbar gemacht. An der Bäckerstraßenseite liegt der ungewohnt großzügige Gästebereich mit Vitrine, Brotregalen, Tischen und Sesseln; weiter hinten, in Richtung Wollzeile, der einsehbare Produktionstrakt. Petschenig und Soulier hatten beide, mit einigen Jahren Abstand, das Lycée besucht, kannten sich flüchtig über eine Bruder-Schwester-Freund-Verbindung.

„Unser erstes Date war im Demel“, erzählt er. Sie hat ihn um Ratschläge zur École Ferrandi in Paris gebeten, die er schon absolviert hat. „Es ist ein bisschen schwer, da reinzukommen.“ Als Paar gingen die beiden nach Paris: sie, heute 23, um das Patisseriehandwerk zu lernen, er, der ausgebildete Bäcker, mittlerweile 30, um zu arbeiten. Und in Paris wurde den beiden auch klar, dass ihre eigene Backstube offen sein sollte, mit Tageslicht. „Ich habe in Paris im Keller gearbeitet, habe nie irgendein Fenster gesehen“, berichtet Petschenig.

Hefe versus Schokolade

Kaum bittet man Petschenig und Soulier, den Unterschied zwischen Bäckern und Patissiers zu erklären, wird von beiden Seiten lustvoll ein verbaler Zaun errichtet, wird die Abgrenzung ausgekostet. „Patissiers verstehen Teig nicht. Patissiers können nichts mit Hefe anfangen“, konstatiert er, der Bäcker, ohne nachzudenken, worauf sie augenblicklich kontert: „Und Bäcker nichts mit Schokolade.“ „Stimmt, ich kann überhaupt nicht mit Schokolade arbeiten, ich hab sie immer gleich überall. Und wir Bäcker verstehen die Feinheiten nicht, Glasuren, Cremes.“ Soulier sorgt in der Parémi also für alles, was Namen wie Baguette, Epi (zu einer Art Zweig eingeschnittenes Baguette) oder Fougasse (etwa mit Roquefort gefülltes Fladenbrot) trägt. Mehl kommt aus Frankreich und aus einer winzigen österreichischen Mühle. Nicht mehr als drei oder vier Sorten Brot soll es gleichzeitig geben, dafür wird tageweise variiert. Patricia Petschenig indes ist für Haselnussorgien in Brandteig-Creme-Form genauso zuständig wie für weiche Schokoladetörtchen mit Blattgold, für Kombinationen wie Pekannuss/Salzkaramell oder Zitrone/Pinienkern/weiße Schokolade. Und Macarons, derzeit in einer Kombination aus Milchschokolade und Passionsfrucht. „Wir mussten noch nichts wegschmeißen“, sagt sie, „wir sind immer ausverkauft.“

Der Wecker läutet, typisch für diese Branche, früh. Rémi Soulier muss dank der Unterstützung eines französischen Bäckers erst um sechs Uhr kommen, Patricia Petschenig steht ab vier Uhr früh in ihrer Backstube. Ihr steht eine Patissiére aus Weißrussland zur Seite, das Team soll demnächst noch erweitert werden.

Wenn Rémi Soulier selbst an der Budel steht und von besserwisserischen Kunden auf die Helligkeit seines Baguettes angesprochen wird, heißt es diplomatisch bleiben. „Ein Brot ist einfach nur dann gut, wenn es eine gewisse Farbe hat. Ich mag es, wenn die Spitzen schon angebrannt sind.“ Aus dem Ofen kommen die Baguettes, „der Bestseller“, aber in unterschiedlichen Bräunungsgraden, je nachdem, wo sie gelegen sind. Was die Paris-Wiener Brotdiplomatie vereinfacht.

BÄCKEREI UND PATISSERIE

Die Parémi hat vor wenigen Tagen in der Wiener Bäckerstraße eröffnet. Patricia Petschenig und Rémi Soulier besuchten beide die renommierte École Ferrandi in Paris. Sie ist für die Patisserie zuständig, für Pekannuss-Salzkaramell-Törtchen, Haselnuss-Brandteigkrapfen oder Macarons, er für Brote wie Baguette und Fougasse, für Brioche und Croissants. Parémi, Bäckerstraße 10, 1010 Wien, Di–Fr: 7–19 Uhr, Sa: 8–18, So: 8–14, Montag: Ruhetag.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.12.2017)

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