Die Testerinnen: Die Küche im Kempinski

Deutsche Wiener Gründlichkeit im Kempinski.

Eine gewisse Vorliebe für kleinstwürfelig geschnittenes Gemüse kann der Küchenchef des Restaurants „Die Küche“ im soeben eröffneten Kempinski im Palais Hansen nicht leugnen. Deutsche Gründlichkeit, ist man versucht zu sagen – und zwar nicht nur in der Küche. Küchenchef Philipp Vogel stammt aus Bayern und auch das gesamte anwesende Serviceteam war deutscher Herkunft. Was vielleicht nur insofern erwähnenswert ist, als hier (auch das gründlich durchgeplant) eine modernisierte Version der Wiener Küche gespielt werden soll. Statt Erdäpfelschmarren gibt es eben Stampf, und als der (wie alle hier) äußerst nette Kellner – auch die Nettigkeitsquote unterliegt hier offenbar der deutschen Gründlichkeit – das Wort Powidltascherln aussprechen muss, hofft man sehr, dass er sich jetzt nicht die Zunge verrenkt hat. Nichtsdestotrotz soll das Kempinski diversem Presse-Tatütata zufolge auch ein Haus für die Wiener sein. Ein Page führt also gerade eine Wiener Gräfin, die durch Parfums einschlägig bekannt wurde, herum, und nachdem die Deutschen das mit den Adelstiteln anders halten, wird sie mit offensichtli-chem Genuss als Gräfin angesprochen.

Testerinnen Kueche Kempinski
Testerinnen Kueche Kempinski(c) Stanislav Jenis (Stanislav Jenis)

An der Küche des – nach Kempinski-Maßstäben – legereren „Die Küche“ jedenfalls gibt es nicht viel auszusetzen, an den Preisen noch weniger. Vor der Bestellung warnt man mit deutscher Gründlichkeit, dass die Portionen recht groß sind – womit man recht hat. Die ordentlich gewichtige kleine Portion Beef Tatar (leider nicht geschabt) wird am Tisch fertiggestellt: Ein großes Tablett hält diverse Beigaben wie Gurkerln – erraten, kleinst gewürfelt –, Kapern oder etliche Senfsorten bereit, die gründlich untermischt und nach einem oder mehreren Probekostlöffeln mit Essiggemüse serviert werden. Das macht irgendwie Spaß. Rosa Tafelspitz wird mit Bries sowie – mutig und gut! – ziemlich roten Nierndln aufgemaschelt (die Nierndln auszusprechen hat der Kellner sich und uns erspart). Das Stubenküken mit Lauch und gebratenen Gnocchi ist saftig und aromatisch, die Powidltascherln sind von zarter Statur und fast durchscheinend und werden darob von Nussbröseln und einem Extrakännchen flüssiger Butter aufgepäppelt.
Nur beim Kühlen der Weine ging die deutsche Gründlichkeit deutlich zu weit.

INFO

Die Küche im Kempinski Schottenring 24, 1010 Wien, Tel: 01/236 10 00, Mo–Fr und So 18–22

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