Die Testerinnen: Ammos

(c) Stanislav Jenis
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Turbulent beim neuen Griechen im Stöckl.

(c) Stanislav Jenis

Das war ein echter Härtetest: Acht Er­wachsene, vier Kinder, drei davon unter vier Jahre alt. Die Meute ist sonst eigentlich nur in der geschlossenen Heimanstalt zum Essen zugelassen. Aber ein Grieche muss das aushalten, fand ich. Und bat ins ehemalige Zöbinger Stöckl, einst traditionelles Hernalser Wirtshaus, jetzt außen immer noch schönbrunnergelb, innerlich aber blau-weiß gestreift. Vom Spirit zumindest, nicht vom Interieur, da hat man fast ein wenig verschämt nur die paar üblichen Griechenland-Klischees auf die gutbürgerliche Holzvertäfelung genagelt. Dafür ist das Meer in peinlicher Metamorphose des Kongress-Bades direkt ums Eck. Und das durchgehend männliche Personal schaut aus wie direkt aus „Alexis Sorbas“ entsprungen. Der bewundernswert authentische ältere Kellner bleibt dann auch bewundernswert stoisch in den nächsten Stunden voll chaotischer Bestellungen und Kindergekreische. Womit das Beste aber auch schon gesagt ist, der Rest ist gehobener Durchschnitt, das übliche griechische Wiener Leiden eben. In Paradeissauce zerkochtes Gemüse, Reis und Erdäpfelberge rund um Spieße immer eine Spur zu trocken gegrillten Fleisches. Dabei täuscht die Homepage einen halbwegs modernen Zugang zum Touristenfraß vor. Wobei Fraß jetzt wirklich sehr böse ist, die Stieftochter war mit ihrem Tagesmenü schwer zufrieden, einer tatsächlich nicht trockenen Entenbrust in Rotweinsauce. Aber außer der mäßig originellen Attitüde, das Tsatsiki in dreifacher Gupfform zu servieren, war’s das auch schon mit der Ambition. Dafür hat man hier mit Gurken, beileibe aber nicht mit Knofel gespart. Eine Bombe, wie das zu kompakte Skordalia-Püree. Tröstend die warmen Weinblätter-Rollen, nicht schlatzig, also garantiert nicht aus der Dose. Lamm ist hier eine Spezialität, die Stelze mit dem zerkochten Gemüse war auch tatsächlich sehr mürb, der Lungenbraten mit dem zerkochten Gemüse sehr zart. Die Fischplatte sah immerhin spektakulär aus. Über das trockene Brot tröstete spätestens die geile Vanillecreme auf den Kadaifi-Teigfäden hinweg. Letztendlich waren alle glücklich eingelullt vom Mittelmaß. Nothing to write home about. Aus so einem entzückenden alten Stöckl hat der Grieche bitte mehr herauszuholen. Haben die keine schicken Töchter?

Tipp

Ammos, Sandleitengasse 64, 1170 Wien, Tel: 01/486 22 29, Restaurant: täglich 11 bis 23 Uhr Mehr Kolumnen auf: → Schaufenster.DiePresse.com

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