Die Testerinnen: The Room

Fast nur reine Beobachtungen in den Sofiensälen.

Unlängst hat ein kluger Mensch zu mir gesagt, manchen Lokalen wird man eher gerecht, wenn man einfach beobachtet und festhält, was man sieht. Das gilt es auszuprobieren.


Das neue The Room in den Sofiensälen ist groß, hat viele Sitzplätze, maghrebinische Fliesen, die in schummrigem Licht aussehen wie ein Teppichboden in einem alten Hotel, fesche senfgelbe Sessel und viele verschiedene Lampen. Die Empfangsdamen sind sehr dünn und müssen sehr kurze Hosen, sehr hohe Absätze und sehr viel Make-up tragen. Die Tische stehen eng beisammen. Das Publikum ist aufgeregt, aber auch eingeschüchtert, zwischen sehr jung, jung und straff. Fünf von fünf Männern am Nachbartisch tragen die gleiche Frisur, haben offenbar eine Geltube zu Hause und mögen freigegelte Ohren, weiße Hemden und großformatige Uhren. Die weiblichen Gäste an diesem Abend sind alle sehr dünn, ihre Haare sind sehr glatt und ausnahmslos lang, die Handtaschen sind winzig, glitzern und werden unter den Arm geklemmt, damit sie nicht verloren gehen. Es ist den Gästen sehr wichtig, dauernd nach rechts und links zu schielen.
Die Speisekarte hält für jede Uhrzeit zwischen 8 und 4 Uhr etwas parat. Zwischen 24 und 4 Uhr Chili con Carne, zwischen

(C) Beigestellt


18 und 23.30 etwa einen Salat namens
Y-O-G-A (wie einiges als vegan gekennzeichnet), Carpaccio vom Simmenthaler Rind mit Josephbrot oder Wiener Burger mit Weltmeister-Käseblutwurst und Kraut. Die Nennung von Letzterem überrascht ebenso wie die trendlos-bodenständigen Schinkenfleckerln und das Erdäpfelrisotto mit Eierschwammerln, das sich als tatsächlich reislos entpuppt, aus Erdäpfelwürfeln besteht und fein gewürzt ist, gar nicht schlecht. Auf die Frage, welche Biere es gibt, kommt die Antwort: Heineken. Die Weinkarte bleibt preislich nett und wie viele Gäste hier meist unter 30.


Y-O-G-A steht übrigens für Yuzu, Orange, Gartenkräuter und Avocado, wie sich herausstellt (den Kürbis, der den Teller auch behübscht, führt man wohl aus Gründen der Akronym-Appetitlichkeit nicht als K an). Für über acht Euro fällt das hübsche Arrangement reichlich mager aus, ist aber nicht schlecht gemacht. Die seltsam hohe geeiste Ingwer-Creme-brulée muss man nicht verstehen. Ums Essen geht es hier aber wohl eh nicht.

NACHSCHLAG: Die Speisekarte verrät auf den hinteren Seiten auch schon, was es in den nächsten Wochen geben wird.

Info:

The Room in den Sofiensälen, Marxergasse 17, 1030 Wien. Tel: 01/961 667 761, Täglich 8–4 Uhr.
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