Die Testerinnen: Mühltalhof

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Visionäre Regionalküche mit Eis aus allem und jedem.

Danke, dass Sie alles auf eine Karte gesetzt haben“, heißt es im Mühltalhof. Die Carte blanche ist nichts für Allergiker und nichts für Kontrollfreaks. Um 49 Euro soll man sich hier, an der idyllischen Großen Mühl, dem Küchenteam anvertrauen. So manch einer hofft, dass dieses Menüprinzip – die Karte sieht man erst nach dem Essen – in Zukunft noch öfter zu erleben sein wird. Der große Jörg Wörther nennt das „eigentlich erst richtige Gastronomie“, und generell beginnen die Augen von Köchen immer zu leuchten, wenn man signalisiert: „Machen Sie einfach einmal.“

Die Rachingers, Vater Helmut und der von illustren Pariser und Londoner Adressen zurückgekehrte Sohn Philip, machen also einfach einmal. Und wir machen mit. Von ungläubigem Staunen ob dieser wunderbar derbheitslüsternen und gleichzeitig feinsinnigen Naturküche (von A la Carte gerade von 71 auf 90 Punkte aufgewertet) bis zum kritischen Stirnrunzeln sind hier alle Reaktionen dabei, vor allem, wenn man gleich mehrere Tage bleibt. Es wird nicht fad.

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Beim herrlichen Brot muss man sich schon zusammenreißen, um sich damit nicht gleich komplett zu sättigen. Philip Rachinger lässt den Teig im Keller gehen, wo man eigentlich Sessel lagert, aber Heizungsabwärme für die ideale Temperatur sorgt. Manche Gänge wie das wundersame Karottentatar, die Leinölerdäpfel-Espuma mit Senfgurken und geselchtem Forellenkaviar, die Ofenmelanzani mit „dem Onkel Luis seinem Hirschschinken“ oder die hausgemachte Blunze mit Roten Rüben und sauer ausgleichenden Ribiseln sind zum Drinsuhlen gut und bewundernswert lässige Gänge. Ein wenig irritiert die Vorliebe für Filetteile bei den Hauptspeisen (Fleisch kombiniert man hier übrigens oft mit Obst). An einem Ort wie diesem, der mit den Produkten der umgebenden Natur – Pilzen, Wildfrüchten, Klee, Karottensamen – so deutliche Statements setzt und insofern ein Bewusstsein für Verantwortung signalisiert, erwartet man mehr „nose to tail“. Der Pacojet, dieser Techno-Wunderwuzzi, der selbst aus der rostigen Außenverkleidung des Mühltalhofs ein Eis zustandebringen würde, ist ganz toll und sehr spaßig und wird daher gleich bei jedem Dessert eingesetzt. Dabei können die hier so was von einem Heidelbeerschmarren!

Info

Mühltahlhof, Unternberg 6, 4120 Neufelden,

Tel.: +43/(0)7282/6258-0,

Mi–Sa: 18–21, Sa, So: auch 11.30–14 h.


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