Die Testerinnen: Tian

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Fleischlose Saucenkunst und zwei Rosinen im Tian.

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„Vielleicht kommt da noch mehr“, hieß es 2011 in der „Schaufenster“-Kritik über das vegetarische Tian. Drei Jahre, zwei „Gault Millau“-Ausgaben und einen Sprung von einer auf drei Hauben später darf man feststellen: Da hat sich wohl etwas getan. Das Erbtanten-Lila als Farbe der Kellneroutfits gibt es leider immer noch, und es ist noch immer die am wenigsten appetitanregende Farbe überhaupt, knapp vor Heidelbeermagerjoghurt. (Eine Vegetarierin hat genau deshalb einen Besuch hier schon einmal verweigert: „Von der Farbe wird mir schlecht.“) Die abendliche Beleuchtung wurde von einem kasachischen Seminarhotel übernommen, mit den Weinpreisen der wohlbestückten Karte spricht man Oligarchen an (6,20 für ein Glas Grünen Veltliner Terrassen 2012 von Loimer, ab Hof um 16 Euro für die Flasche, nebenbei).

Die Küche aber hat es tatsächlich drauf. Auch wenn etwas weniger Zeug auf dem Teller manchmal gut wäre. Allein, um die Servicemitarbeiter, die das alles erklären müssen (aber auch können), zu entlasten: Die wohlerzogene Tischgenossin konnte das Lachen ob der Amuse-Gueule-Erklärung „ . . . hier haben wir noch zwei Rosinen“ (sic!) kaum zurückhalten. Es waren tatsächlich zwei Rosinen, wir haben dienstbeflissen nachgezählt, und es waren zwei besonders gute Rosinen!

Man hat die Karte verkleinert, es gibt nun zwei Menüs, deren Namen (aktuell etwa „Wachau“ mit Albatrüffel und Litschi) sich nicht unbedingt erschließen, aber etwas mit der Weinbegleitung zu tun haben sollen. Die naive Angst der carnivoren Testerin, in einem vegetarischen Lokal mit allzuviel Leichtigkeit konfrontiert zu sein, merzt Küchenchef Paul Ivic mit einer wunderbaren Stosuppe samt gebackenem Wachtelei aus. Der gefältelte, gewürfelte und mittels sonstiger Basteltechniken angerichtete Selleriegang ist hübsch – und auch geschmacklich bleibt etwas hängen. Ivic beherrscht nämlich die Kunst des Saucenkochens, ob aus Zwiebeln oder Trauben zu Kürbis und Herbsttrompete. Das ist umso bewundernswerter, als er dafür keine Fleischfonds nehmen darf. Der beste Gang ist ein ganz schlichter: drei bunte Karotten, im Ofen aromabringend niedergeschrumpelt, auf Karottenporridge. Der derzeit omnipräsente Porridge ist übrigens eine eigene Geschichte.

Tipp

Tian, Himmelpfortgasse 23, 1010 Wien, Tel.: 01/890 466 50. Restaurant: Dienstag–Samstag, 12–24 Uhr.

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