Die Testerinnen: Liebsteinsky

(c) Teresa Zötl
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Einmal mit allem bitte im Liebsteinsky.

(c) Teresa Zötl

Die Richterin in Karenz und das Baby sind fasziniert: Schon das fünfte Auto in einer halben Stunde dreht sich in dieselbe kleine Parklücke. Das Verkehrschaos vor dem großen Schaufenster des neuen Liebsteinsky am Schubertring scheint das Spannendste zu sein, was es hier zu erleben gibt. Und das ist nicht einmal so böse gemeint, wie es klingt. Das unaufdringlich schicke, von sattem Türkis dominierte Lokal ist einfach okay. Mittelgroß, mittelgut, mittelvoll. Immerhin, das Businessvolk der Umgebung scheint es bereits angenommen zu haben, es geht hier zur Lunchzeit schließlich schnell und unkompliziert zu, wie der Kellner betont, als er uns die Garderobe abnimmt. Sehr nett. Genau. Die „Snacks“ werden gebracht, ein Gläschen von herb-frischem Olivenöl total zugedröhntem Hummus (drei Euro) und ein paar sehr feine Röllchen Vitello (4,60 Euro). Der Fetisch-Brotkorb dazu ist mit Waldviertler Sauerteigbrot bestückt, so muss es heute sein. Andreas Mikulits, zuvor Limes, zuvor Novelli, will sich bei seinem ersten eigenen Restaurant sichtlich nichts zuschulden kommen lassen. Was schon etwas angestrengt wirkt, vor allem die Lunchkarte ist ein erstaunliches Gemenge für alle Geschmäcker. Es gibt faden Büffelmozzarella-Orangen-Salat, klassischen Caesar-Salat, ein Saftgulasch mit Nockerln und Kabeljau vom Grill. Der totale Eintopf? Ja, und der wechselt noch dazu „weekly“, genauso wie das Sandwich (Pastrami!), New York liegt am Schubertring, aber hallo.

Die Richterin pickt davon unbeeindruckt nur noch das „Gesunde“ – Maroni, Bohnen, Sellerie – aus der hellen Eintopf-Einbrenn. Die Portionen sind enorm, auch das halbe Kilo Kürbisrisotto mit völlig absurden Granatapfelkernen drauf (acht Euro). Irgendwie typisch für das Ganze hier. Siehe auch die kleine Abendkarte, die mit eigenen Abteilungen wie „Raw“ (Lachsforelle vom
Gut Dornau, Pilztatar) und „Slow Cuisine“ (Kärntner
Biohahn au vin, Gegrilltes vom Lavastein) nerviges
Dish Dropping betreibt.

Bleibt zu sagen: Das Originellste ist der Name. Wer weiß schon, dass der Schubert­ring einst Kolowratring hieß. Und dass Graf Kolowrat-Liebsteinsky als „liberaler“ Staatsminister der Gegenspieler Metternichs war.

Info

Liebsteinsky, Schubertring 6, 1010 Wien, Tel: 01/2088976, Mo–Fr 11.30–23.45, Sa 17–23.45

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