Die Testerinnen: Le Loft

(c) Stanislav Jenis
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Gute Aussichten mit neuem Küchenchef im Le Loft.

(c) Stanislav Jenis

Die Küche des Le Loft musste schon viel Schelte aushalten. Dass an einem solchen Ort, im 18. Stock direkt am Donaukanal mit einer genialen Aussicht über Wiens Innenstadt, kein Lokal möglich sei, in das man gern gehe, sei wieder einmal typisch Provinzstadt Wien. Überall anders, ob in London oder Hongkong, wäre eine solche Location schon längst von irgendjemandem Fähigen in die Hand genommen und erfolgreicher bespielt worden, äußerten sich Kritiker gern und sicherten sich dabei beim lauschenden Publikum en passant hundert Punkte für ihre Weltgewandtheit. Seit September ist Hervé Pronzato Küchenchef, die Karte ist unmissverständlich international. An seine griechische Jobvergangenheit – er kochte auf Chalkidike – erinnern zwischen Yuzu und Froschschenkel nur griechisches Joghurt und Kataifiteig. Letzterer wird um Kaisergranate gewickelt und ohne viel Anrichte-Chichi mit Pistazien, Algen und Miso gepaart – Hotelküche der souveränen Art. Zur gelungenen Consommé aus Paradeisern und Jamón Iberico (die fragilen Comté-Gnocchi darin zerfielen leider gar zu schnell) serviert der großartige Sommelier Steve Breitzke einen raren Sherry Palo cortado – hundert Punkte. Beim solide verarbeiteten festfleischigen Kabeljau mit Artischocken, Selleriecreme und abermals Miso würde man gern reflexhaft-dienstbeflissen kritisieren, dass Zutatenwiederholungen in einem Menü (74 €) nach den kolportierten Regeln der Gastrokritik ein No-go sind, da hakt sich Breitzke ein. Und macht aus diesem zweiten Misogericht kurzerhand etwas Neues, indem er es mit einer umwerfenden weißen Cuvée der kaum erhältlichen Domaine Ganevat aus dem Jura quasi umwürzt. Als aber dann gleich wieder Artischocken serviert werden, zu einem braven rosa Lammkaree mit geschmorter Melanzani und marokkanischen Gewürzen, darf es doch ein Stirnrunzeln sein – für eine Karte mit so globalen Zutaten wird sich ja vielleicht ein anderes lustiges Gemüse finden. Als Wiedergutmachung gibt’s den ersten reinsortigen Domkapitel (Cabernet Franc) von Tschida aus der Magnum. Das seelenlose Technodessert, irgendeine Mousse auf irgendeinem Teig, ist wieder einmal nicht der Rede wert. Hier oben ist Wien jedenfalls nicht provinziell – bis um punkt elf alle umstehenden Tische abgewischt werden.

Tipp

Le Loft im Sofitel, Praterstraße 1, 1020 Wien. Tel: 01/ 906160, Restaurant: 12–14.30, 18–(Küche bis) 22.30 h


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