Die Testerinnen: Heuriger Muth

Beim Heurigen Muth reloaded.

(c) Stanislav Jenis

Und dieses Jahr wird es uns gut gehen miteinander, mir und ihm, dem Heurigen. Das erste Date war schon sehr fein unter dem 280-jährigen Kastanienbaum. Sonntagmittag war’s, und die Ladies übten sich in strengen Müttermienen. Aber der Kies war frisch gerecht, die Tische so grün wie frisch gestrichen, und die Speisekarte ist neu gedruckt hier. Der alte Muth in der Probusgasse ist neu übernommen. Von jemandem, der sich das auch nicht hätt’ träumen lassen (sondern es einfach so tat). Schließlich hat Martina Judt reichlich Geduld bewiesen im Service durstiger Menschen mit Ansprüchen (und Genie, okay). 20 Jahre lang war sie damit beschäftigt, in der Galerie Hilger Alfred Hrdlicka selig zu betreuen. Ihm hätt’s sicher gefallen hier. Frau Judt tut’s das auch, das sieht man. Ab der heurigen Pension in der Kunst wird sie sich endgültig dem neuen Leben im uralten Weinbau widmen (seit 1596), gemeinsam mit dem jungen, geschäftsführenden Sohn. An die Seite hat man sich einen Profi gestellt, Köchin Renate Finger, die bei Manfred Buchinger in der Alten Schule in Rieden-thal gelernt hat, um dann zwei recht exzentrische Ausflüge zu machen: als Cook in Residence in den praktisch benachbarten Bobo-Schrebergarten Stadtflucht Bergmühle. Und als Private Cook – herrlich, so was gibt’s noch – zu einer alteingesessenen Wiener Brauereifamilie. Der Wechsel zum alteingesessenen Wiener Weinbau war praktisch programmiert. Hier kocht sie jetzt endlich Deftiges mit Produkten aus der Wolkersdorfer Bauernschaft. Wir hatten – zufällig? – die Wahl aus auffällig viel Schweinernem. Gebacken in zarten Scheibchen vom Lungenbraten (mit cremigem Kernöl-Erdäpfelsalat). Gesurt als Schnitzel. Geselcht in der Bauernbratwurst. Geronnen in frisch gemachten Blätterteig-Blunzentascherln. Ausgelassen in den superflaumigen Grammelknödeln, das absolute Highlight (7,50 für leider nur zwei Stück). Etwas mehr Fleischauswahl wäre zwar nett gewesen, passte aber auch irgendwie zum Ganzen: Hier wird reduziert auf Qualität und Essenz eines Heurigen, beim Buffet, beim À-la-carte-Essen, beim Service, beim Garten und bei der Innendekoration. Die 1950er-Jahre-Stube ist einer der schönsten Heurigenräume der Stadt.

Tipp

Heuriger Muth, Probusgasse 10, 1190 Wien, Tel. 01/370 76 66, Mi–Fr, 15.30 bis 24 h, Sa–So, 12 bis 24 h.

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