Die Testerinnen: Gerstners Landhaus

(c) Stanislav Jenis
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In Gerstners Landhaus statt in Griechenland.

(c) Stanislav Jenis

Was kamen da für Erinnerungen auf – das erste Mal griechisch essen als verliebter Teenager. Erstes Date. Und dann bestellte der Schwarm allen Ernstes Skodalia, also Erdäpfelpüree mit Knoblauch. Kreisch! Ort dieser einstigen Schmach und Verwirrung war ein legendärer Wiener Grieche der 1980er- und 1990er-Jahre, Xenia hieß die etwas versteckt liegende Taverne von Takis, dem Griechen bei der Döblinger Hauptstraße. Jetzt hatte er wieder aufgesperrt, ich rüstete mich zur neuerlichen Skordalia-Bestellung. Da war er auch schon wieder zu, „vorübergehend“, steht auf der Tafel vor dem Eingang (seit Wochen, erfährt man später), die Homepage ist ebenso vom Netz genommen. Tja. Der kritische Sonntags-Lunch musste also situationselastisch umgebucht werden. Relativ nah und relativ neu waren die Vorgaben – es wurde Gerstners Landhaus in Grinzing. Nach dem wöchentlichen Sonntagsbrunch kann man hier ab 14. 30 auch wieder à la carte bestellen, erfährt man, Tisch für sechs ist um diese Zeit kein Problem, also geht’s los. Ein Abenteuer, wie sich herausstellt. Der ehemalige Passauerhof-Großheurige wurde aufgemotzt zu einem Edel-Country-Style-Gasthaus wie aus dem Möbelhauskatalog. Das angepriesene „Gutbürgerlich“-Klischee – „natürlich, bodenständig, echt“ – geht im Gartenbereich noch als durchaus idyllisch durch. Im Inneren ist die Anhäufung an schweren Vorhängen und schicken Shabby-Stilmöbeln allerdings schwer verdaulich. Genauso wie das Essen, müssen wir leider feststellen. Das noch dazu auffällig, aber konsequent fad schmeckt. Von den Aufstrichen (fünf Euro für kleine Töpfchen mit Liptauer, Ei, Kräutern, immerhin mit knusprigen Brotcrackern) über eine riesige Vorspeisenportion von zwei faschierten Laibchen auf Erdäpfelpüree (sieben Euro) bis zu den üppigen, aber seltsam blassen Scheiben vom Schweinsbraten (mit Rieslingkraut und Serviettenknödel um 13 Euro). Höhepunkt der Fadesse war die auf der Retro-Servierplatte lieblos angerichtete Regenbogenforelle im Ganzen mit dem süß marinierten Wiener Beilagensalat (18 Euro). Was der Gerstner kann, das muss man ihm lassen: die Süßspeisen und das Service. Die immer hilfsbereit und mit Charme regierende Dame des Landhauses, Susanne Oezelt, ist das Beste, dem man hier begegnet.

Tipp

Gerstners Landhaus, Himmelstraße 16, 1190 Wien, Tel.: 01/320 63 45, Mo bis Fr 18–24, Sa, So 12–24 Uhr

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