Die Testerinnen: Melrose

(c) Stanislav Jenis
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Grinzing liegt in Kalifornien: das Melrose.

Wenn Melrose-Chef Georg Entler im Gastgarten Fächer austeilt, sollte man sie tunlichst annehmen. In den frühen Abendstunden wegen der berüchtigten kalifornischen Grinzinger Hitze, später, um Gelsen stilvoll zu verjagen/erschlagen. Und den Abend hindurch als Werkzeug zur Wahrung der Diskretion, zumindest wenn man einen der eng stehenden kleinen Tische bekommen hat, an denen man sich vom Nachbarn ein bisschen sehr ausspioniert fühlt.

(c) Stanislav Jenis

Das Melrose, ein dreistöckiges Gastrogroßprojekt mit kalifornischem Anspruch und international austauschbarem Anstrich, hat nach ewiger Baustelle und hohen Investitionen kürzlich in Grinzing eröffnet: Gut besucht, das Publikum braun gebrannt, mit sehr weißem oder sehr buntem Fähnchenstoff bekleidet (Damen) und Prossäcko, ja noch immer, bestellend (Herren). Die Servicemitarbeiter sind zahlreich, freundlich, aber noch schwer überfordert, was für die Gäste nicht unstressig ist. An Bieren werden zwar die zwei offenen, nicht aber die Flaschenbiere (darunter nur ein Pale Ale aus der Craft-Bier-Hochburg Kalifornien) aufgezählt, die Speisen werden kommentarlos abgestellt. Die Küche ist schon routinierter. Küchenchef Jeff Bartolome, zuvor im Comida, hat sich, so wird berichtet, von Wolfgang Puck Ezzes geben lassen. Der mag es offenbar süß. Die Misomelanzani sind etwas zu klebrig glasiert, und die Sobanudeln dazu können nicht mit der sonst üblichen rauchigen Erdigkeit kontern – auch sie wurden in der Sauce geschwenkt. Zum Maishendl vom Jospergrill, das Fleisch mit den Rauchnoten an sich recht fesch, kommt ebenfalls eine eher unausgewogen süße Sauce. Außerdem, hier wie bei anderen Gängen: ein maximaler und ebenfalls stressiger Aufmarsch internationaler Zutaten, der mehr wie ein Kauderwelsch wirkt denn souverän-leichtfüßig Weltläufigkeit verströmt.

Beim Hendl: Thaispargel, Lotuschips, Jackfruit-Kokos-Creme, Korianderöl, Jasminreis. Der Caesar Salad, als gevierteltes Häuptel angerichtet, ist aber wie das Gazpacho perfekt. Letzteres gießt erst bei Tisch eine Kellnerin auf im Teller wartende Kinkerlitzchen wie Garnele, Yuzu-Crème-fraîche und Bloody-Mary-Sorbet. Gut, dass die andere Kellnerin mit der Suppenkanne deutlich länger braucht, so kann man kurz bei dem Sorbet entspannen.

Info

Melrose, Grinzinger Straße 1, 1190 Wien, Tel.: 01/328 20 20, Mo–Fr: 18–1, Sa–So: 10.30–13.30, 18–1 Uhr.

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