Die Testerinnen: Kommod

(c) Stanislav Jenis
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Wohnzimmer mit weißer Wacholderüberraschung.

Es ist der Traum vieler Köche mit Wunsch nach Selbstständigkeit: ein paar Tische, keine Angestellten, ein Menü pro Tag, und das Ganze womöglich noch an einer bemerkenswerten, aber dennoch
netten (das böse Wort darf hier ausnahmsweise sein) Location. Also ein bisschen so, als kochte man privat für die Nachbarn, nur dass nicht alle Gäste an einem Tisch sitzen. Mit dem Kommod in der Strozzigasse hat sich der junge Stefan Stahl gemeinsam mit Partnerin Christina Unteregger (er kocht, sie serviert) diesen Traum erfüllt. Unweit des im Dezember eröffneten Winisan, das in einer ehemaligen historischen Bäckerei angesiedelt ist, haben die beiden ebenfalls eine Bäckerei mit Geschichte auf dem beschaulichen Buckel übernommen und zu ihrem Koch-Wohnzimmer gemacht. Man kommt herein – und ist augenblicklich so richtig mittendrin. Die Sitzplätze kann man an zweimal zwei Händen abzählen, die alte Holzvertäfelung verschluckt jeglichen Missmut. Schuhe ausziehen muss man in diesem Wohnzimmer zum Glück auch nicht.

(c) Stanislav Jenis

Das tägliche Menü aus vier einzeln zu bestellenden Gängen wird fortlaufend in ein Buch geschrieben, was eine praktische wie herzerwärmende Idee ist. Sie kann aber auch zu kurzem Aufblitzen von Wehmut führen, wenn man auf der Seite des Vortages etwa die verlockenden Worte „Quitte und Mohn“ bei den Desserts entdeckt, selbst aber als Tagessoll weiße Schokomousse liest. Zum Glück – um das Pferd von hinten aufzuzäumen – hat Stefan Stahl meistens ein, zwei Gänge mehr als ebendieses Tagessoll in petto. Etwa einen Topfenknödel mit Quittensulz und Mohneis – und nein, der war nicht von gestern, sondern ganz frisch gemacht. Rote Rübe & Räucherforelle entpuppt sich als extrem leichte Fischmousse mit dünnen roten Scheiben darüber, Ofensellerie mit Rindermark und Croutons gerät dafür etwas grob portioniert. Das Schulterscherzl mit geschmortem Radicchio und Frischkäse ist von einer idealtypisch glänzenden Sauce überzogen – Stahl versteht sein Handwerk. Die weiße Schokomousse kommt mit Wacholdergranité als Begleitung – das passt witzigerweise richtig gut. Preislich bleibt man meist unter 17 Euro für die Hauptspeise, die Weinkarte macht große Freude. Solche Nachbarn braucht man. 

Info

Kommod, Strozzigasse 40, 1080 Wien. Tel.: 01/402 13 98, Di–Sa 17–24

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