Die Testerinnen: Meierei Diglas

(c) Christine Pichler
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Bobo statt Boku im Türkenschanzpark.

(c) Christine Pichler

Man kann über den 18. gastronomisch natürlich lästern, aber immer weniger, und das sag ich jetzt natürlich nicht nur so, weil das meine Hood ist, nur fast. Vor allem die Parks und Spielplätze, und da kenn ich mich wirklich aus (ich geh auch in kein Weinlokal für Josefstädter Hofratswitwen lunchen, versprochen), die sind im 18. auch kulinarisch unvergleichlich gut ausgerüstet (ha!). Gut, der Türkenschanzpark war bisher eine vergebene Chance, mit seiner großartig gelegenen, aber etwas versifften Meierei, die zumindest in der Boku-Peergroup, auf Professorenebene jedenfalls, eine gewisse Tradition hatte. Aber jetzt ist endlich das hier eingekehrt, was wir verdient haben: Bobo statt Boku, ich sage nur heiße Biomilch mit Honig (2,60).
Die Meierei wurde von der jungen Diglas-Café-Dynastie-Tochter Elisabeth übernommen, die eindeutig einen (verzeihbaren) Hang zu Violettem hat – es gibt so etwas wie lila Brennholz-Gabionen als Gastgartenabgrenzung, lila Sessel drinnen, lila Tischtücher etc. Wie man es heute gern so macht, wurde auch genealogisch erfolgreich geforscht – schon der Ururgroßvater war genau hier schon einmal Wirt und servierte 1888 dem Kaiser eine süße Jause. Gugelhupf? Oder schon trockenen Ribiselkuchen mit Gebirgsmassiv-Baiser, sozusagen das Diglas’sche Signature-Dish? Die Mehlspeise wird aus der Zentrale geliefert, eindeutig. Der irre süße, patzige Scheiterhaufen mit vergleichbar riesigem Baiser-Überbau kommt zwar aus der eigenen Küche, ist aber ebenfalls vor allem eine ästhetische Verführung. Lieber saure Jause also für das Volk, da wurde bobotechnisch echt ins Volle gegriffen, Ziegenpeter-Burger mit gebratenem Ziegenkäse und karamellisierten Zwiebeln (9,90) und lauwarmes Roastbeef-Ciabatta (8,90), beides mit dem gleichen Mini-Baguette gemacht, aber nein, ich hasse dieses kleinliche Gourmet-Hickhack. War trotzdem gut. Es gibt dann noch Schnitzi und Gemüsecurry und Sülzchen und ein richtig gutes Steak. Das kleine Gulasch aber sagt alles über die Küche – mild. Zu mild. Ein bissl fad. Bobo von der Stange insgesamt. Dafür ist unser Kellner echt gut. Und es gibt eine Hauskrähe namens Franz. Damit auch die Boku-Leute sich hier wieder wohlfühlen.

Tipp

Meierei Diglas im Türkenschanzpark, Eingang Hasenauerstr. 56, 1180. Tel.: 01/479 43 76. Di–So 9–21.30.

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