Die Testerinnen: Ramasuri

(c) Stanislav Jenis
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Sehr entspannt in Nestroys Rücken.

Die Begrüßung ist nicht zu übertreffen – Johann Nepomuk Nestroy, personally!, zieht den Hut vor uns. Die erweiterte Kleinfamilie zieht entsprechend ehrfürchtig am Denkmal vorbei ins neue Lokal, das sich getraut hat, hier mitten in einem der coolsten Grätzel der Stadt zu eröffnen. Gleich neben dem wienerisch-georgischen Ansari und dem wienerisch-japanischen Mochi, das ist eine Ansage. Noch dazu im markantesten Haus dieses Praterstraßen-Wurmansatzes, dem schmalen Straßenteiler-Haus mit Nummer 19, einer Art Flatiron-Building der Leopoldstadt. Hieß übrigens einst, als es Anfang des 19. Jahrhunderts gebaut wurde, Wohnhaus Zum Jonas. Müsste jetzt nach dem neuen jungen Betreiber des Beisls Zum Gabriel heißen, tut es aber nicht. Sondern Ramasuri, was im Nestroy’schen Rücken ähnlich folgerichtig ist und Wirbel, Durcheinander bedeutet.

(c) Stanislav Jenis

Keine Küchenlinie zu haben ist hier also Konzept. Was allerdings nicht stimmt, denn es gibt zumindest eine enorme ästhetische Linie auf den Tellern und an der Wand, was mich prinzipiell schon mit allem versöhnt, was ich so bemeckern könnte. Vor allem im hinteren Bereich Richtung Toilette, die man vielleicht etwas eindeutiger beschriften könnte, hat der brasilianische Künstler Loro Verz gewütet, also alles mit kleinteilig-urbaner Graffiti-Deko ausgemalt. Ganz wie in London – ha, dass man das einmal schreiben darf vom künstlerisch so elend banalen Wiener Lokalwesen. Dort hat Verz das peruanische „Coya“ gestaltet, wozu man jetzt gleich eine Referenz auf der Ramasuri-Karte fantasieren kann, mit der Ceviche von der Offiziersmakrele (11,90). War ein bisserl grob, das im Heu geräucherte Huhn ein bisserl trocken, die Wels-Butterschnitzel ein bisserl gar dicht und fad – fangt also schon an, das Sudern. Dafür war alles auf wunderschöner Keramik wunderschön angerichtet mit Blüten und Kräutern und Cremes und Essenz-Tupfen. Die Kombis sind fruchtig und machen Spaß (zum Beispiel Spargel in rotem Tempura mit Mole und Steckrüben und Kerbel und Minze). Und das Personal interessiert sich tatsächlich für unsere Meinung. Es gibt Luft nach oben, okay. Aber man kann das hier gemeinsam durchaus sehr entspannt
angehen.

Tipp

Ramasuri, Praterstraße 19, 1020 Wien, Tel.: 0676/466 80 60, Montag–Samstag von 8–23.30

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.05.2016)

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