Lokal-Kolorit: Ozkar italian

(c) Stanislav Jenis
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Expositionstherapie für Freestyle-Phobiker.

Wenn sich in der Gastronomie etwas freestyle nennt, hat man es automatisch mit zwei Lagern zu tun. Die einen finden es prinzipiell voll lässig, wenn es unperfekt und improvisiert zugeht und man zum Beispiel als Gast vor dem Verzehr der hauseigenen Tramezzinitorte gewarnt wird. Diese sei nicht mehr frisch, nein, die könne man eigentlich nicht hergeben, und bis eine neue gemacht ist, würde es dauern. Man hat als interessierter Gast auch nur deshalb nach der Tramezzinitorte gefragt, weil vor dem Lokal ein mitten auf dem Gehsteig platzierter Aufsteller groß mit derselben wirbt und man darob, Verzeihung, vermutete, ebendiese würde es auch geben.

Vertreter dieses Lagers finden es auch charmant, wenn die Tagespasta zunächst vergessen wird, aber nach dem Hinweis „Geht aber echt ganz schnell“ tatsächlich nach zwei Minuten serviert wird: Die Spaghetti warten (danke, offene Küche) gekocht und in ein großes Einmachglas gestopft, um in einer Pfanne mit Kalbsugo erwärmt zu werden und als Seniorenportion und al kukidente zu Tisch zu gelangen (8,90 Euro). Alles gut, man nennt sich ja italienischer Freestyle-Imbiss, das Prinzip Leistung gegen Geld ist eben nicht so freestyle. Und wenn die Salsiccia mit Apfelkraut so gut ist, kann man ja über alles hinwegsehen.

(c) Stanislav Jenis

Das andere Lager, weniger weltoffen und tolerant, fühlt sich mit dieser Art von freestyle etwas unwohl. Etwa, wenn für zwei Vinschgerlhälften mit sparsam dosiertem Pecorino und Honig 8,90 Euro verrechnet werden. Oder die angekündigte „wilde Salatmischung“ (die Zeichnung auf der Schiefertafel mit Blutampferblättern und Mizuna könnte den Zusatz „Symbolbild“ vertragen) nichts Wildes an sich hat, außer dass sie bei längerem Aufenthalt auf dem winzigen Teller rabiat würde. Dasselbe Problem, nennen wir es Pariser-Hotelzimmer-Syndrom, kennt auch der Reisauflauf, der sich neben eine Sauce à la verdünnte Erdbeermarmelade auf einen Teller selben Formats zwängen muss. Und statt Espresso macchiato kommt Latte macchiato.

Dabei könnte es auch anders laufen, wo es sich um ein persönlich gestaltetes, sympathisches Lokal mit winzigem, täglich wechselndem Angebot handelt, was mit Glück auch die süchtig machende kalabresische Streichwurst N’duja bedeuten kann. Ein paar Sitzplätze, eine Vintage-Kassa, Jesus im Goldrahmen, Espresso um 1,10, ein Freestyle-Klo am Gang, Peroni vom Fass und Craftbiere in der Vitrine, wo auch Brennnesselsmoothie lagert. Vermutlich sollte zweiteres Lager in Freestyle-Lokalen lieber nur etwas trinken. Macht ja locker.

Info

Ozkar italian. freestyle.imbiss.bar, Gertrudplatz 2, 1180 Wien, Tel: 0676/941 388 40, Di–Sa 10–23 Uhr.

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