Lokal-Kolorit: Blue Mustard

(c) Christine Pichler
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Aromenprägnanz, von innen leuchtend.

Zugegeben, ein bisschen Missmut war schon dabei, als es nach Alexander Mayers Abgang erneut ins Blue Mustard ging. Was soll aus diesem versteckten Lokal mit dem dominanten Lichtpseudogotikkonzept noch groß werden, wenn einer der genialsten Köche des Landes weg ist? Dazu kam eine befremdliche Presseaussendung, die mitteilte, was jetzt alles besser wird, auch angeblich günstigere Speisen wurden angekündigt, also „Hauptspeise 18–30 €“.

Schnitt. Die Überraschung fährt schon beim ersten Vor-Gang ein, der kleinen Barfood Selection, die mit 9,50 pro Person gleich einmal das Konzept von günstigerem Essen über den Haufen wirft. Papierdünne Cracker mit Thymian und Limettenschale, zitrusduftig eingelegter Fenchel, eine herausragend marinierte Spalte Krachsalat, ein kleines, wunderbares Beef Tatar. Wow. Da merkt man die Stationen des kochenden jungen Paars, Anna Haumer und Valentin Gruber-Kalteis: Mesnerhaus, Hertog Jan in Flandern, Landhaus Bacher, Andreas Caminada in der Schweiz.

(c) Christine Pichler

Die Idee der Reisen per Gänge gab es im Blue Mustard von Anfang an – auf ewig ins Hirn eingebrannt: die Steiermark auf Mayerisch mit winzigen Grammelknödeln in Stosuppe. Sie wird auch vom neuen Duo fortgesetzt. Nach Palermo geht es via Branzino (Presseaussendung: „In Zukunft werden ausschließlich österreichische Produkte verwendet“) oder ins Marchfeld, mit Spargel, Schinken, Rapsöl.

„Zürich“ ist eine Variation der Zutaten von Geschnetzeltem: Kalbstatar, das durch Schnittlauchöl markanter wird, aber dennoch hochelegant bleibt, dazu kommen winzige Champignons, Champignon-Zwiebel-Schaum und dünne Reiscracker. Optisch nicht spektakulär, aber von verblüffender aromatischer Prägnanz. Unter „Tokyo“ verstehen Haumer und Gruber-Kalteis rohe Forelle, die in Rettichschleifen gekleidet und mit Limettenmiso auffrisiert wird (13 Euro). Auch hier: erstaunlich, wie viel Geschmack man in solcher Leichtigkeit verstecken kann. Nach Krakau reist man mit gänzlich undumpfen Roten Rüben und Gurken, die sich haptisch so entspannt geben wie nach einer ausgiebigen Aromamassage. Im Gepäck: Buchweizenpopcorn, ein erstaunlicher Gurkenrahm und Austernblatt (11 Euro). Das vierteilige Stockholm-Dessert teilt man sich (12 Euro p. P.). Die Weinkarte hat Robert Stark umgestaltet, der auch jene des Ludwig van über hat. Spannend. Bleibt angesichts des unaufmerksamen Service ein Wunsch zum Schluss: Möge das von innen leuchtende junge Küchenduo oft selbst servieren.

Info

Blue Mustard, Dorotheergasse 6–8, 1010 Wien. Tel: 01/934 67 05, Küche: Di–Sa, 17–23 Uhr.

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