Testessen bei Silvio Nickol in der Coburgbastei

(c) Carolina Frank
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Befreit in der Oberliga. Anna Burghardt war im Palais Coburg, AÏ im Goldenen Quartier war noch nicht bereit.

Nachdem Redaktionsschlüsse und eine hoch ansteckende Lokaleröffnungs-Kinderkrankheit mit Namen Abluftrohrunvollständigitis einander nicht mögen, geht es diesmal (noch) nicht ins AÏ im Goldenen Quartier, sondern in ein noch versteckteres Lokal: ins Silvio Nickol im Palais Coburg. Mit 1. Oktober sind es sieben Jahre, die der gebürtige Sachse hier kocht, und fast ein Jahr ist es nun her, dass Nickol vom „Gault Millau“ die vierte Haube verliehen wurde. „Zum Glück bin ich schon gesessen“, kommentierte der Zweimetermann damals in der „Presse“ die Überbringung der Botschaft. Und zu Silvio Nickols Glück sind es heute recht viele Gäste, die in dem über einen versteckten Lift zu erreichenden Lokal sitzen wollen. Einzelne Männer, Stammgäste, vor denen man Magnumflaschen aufreiht. Familien, deren Kinder zum Geburtstag eine Rolex bekommen. Partien mit Wienern, die Gästen aus dem Ausland etwas zeigen möchten.

(c) Beigestellt

Zum Beispiel eine Küche, die bei aller Präzision immer lässiger wird – wobei man natürlich ein kühl wirkendes Luxusrestaurant dieser Art mit diversen stilistischen Hinkebeinen schwerlich als leuchtendes Beispiel für Lässigkeit bezeichnen wird. Silvio Nickol kocht mit seinem jungen Souschef Lukas Gstir wie befreit (was man im vorderen Teil des Restaurants auf einem Bildschirm sehen kann, der das Treiben in der Küche zeigt). Mitunter kommt hier nicht mehr auf den Teller als ein Stück Heilbutt mit gerösteten Brokkolibröseln, winzigen weißen Rübchen und einem Fond, aber allein das hat es in sich. Vor allem, wenn der Weltrang-Weinkeller dazu ein Glas Chardonnay 1996 Latour Puligny-Montrachet aus der Magnum freigibt. Entenleberparfait paart Nickol mit dünnen Scheiben von karamellisierter Ananas und zartsüßem, nussigem Mohncrumble und schafft damit eine Kombination, die als endgültig verstanden werden darf. Die Étouffée-Taube kommt in zwei Gängen an den Tisch, wobei der Auftakt, ein Fond mit einem winzigen Taubeninnereienraviolo, gern gleich noch einmal kommen dürfte. Das Genre der Käsedesserts (etwa Fourme d’Ambert mit Mispel, schwarzen Nüssen und Paradeiser) hat man hier schon früh gepflegt, und auch die eigentlichen Desserts sind außergewöhnlich – weniger in optischer denn aromatischer Hinsicht: etwa bei Pfirsich, Dill, Malz, Tonkabohne. In der Oberliga spielt man freilich auch preislich: Fünf Gänge plus Kleinzeug kommen auf 148 Euro.

Info

Silvio Nickol, Coburgbastei 4, 1010 Wien, Tel: +43/(0)1/51 81 81 30, Küche: Di–Sa, 18–21.30 Uh

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