Testessen: Wiener Aquaponic-Fisch im Jussi

In der Donaustadt landen Wiener Barsche in der Pfanne. Dazu gibt es modische Gemüseküche.

Es ist ein weiter Weg von der Wiener Innenstadt in die Seestadt. Wer ihn auf sich nimmt, um etwa das junge Aquaponic-Unternehmen Blün zu besuchen, das mit seinen Fischbecken und den mit dem Fischwasser gedüngten Gemüsereihen weit draußen am Stadtrand beheimatet ist, sollte die Gelegenheit gleich zum Essengehen nutzen. Und sich in der Nähe der Aquaponic-Anlage (oder zumindest halbwegs in der Nähe, der Bezirk Donaustadt ist nicht gerade klein) ansehen, was aus den hochwertigen Wiener Barschen und Welsen in Pfanne oder Kochtopf wird.

Eines der wenigen Lokale, die schon mit den Blün-Fischen beliefert werden, ist das Jussi. Vor einem Jahr eröffnete es auf dem Gelände der Gärtnerei Kalch, neben der U2-Station Donauspital und dem Würstelstand "Zum Fraunz". Ein ungewöhnlicher Ort: Wer schon immer im Sommer bei Regen unter einer fahrenden U-Bahn essen wollte, kann das, Sommer vielleicht vorausgesetzt, hier tun. Der Gastgarten mitsamt einigen Hochbeeten befindet sich nämlich genau unter der U-Bahn-Hochtrasse. (Auf der Homepage sagt man zu dieser Möglichkeit "schattiger Gastgarten", was nicht unbedingt falsch ist.) Der ehemalige Gemüseverarbeitungsraum ist heute der großzügige Gastraum, mit Lampen im Industrial-Stil, bunten, stoffbespannten Trennwänden und rustikalen Holztischen.

Carolina Frank

Manches hier hat einen leicht jovial-unprofessionellen Touch: Die freundliche Kellnerin kann sich nicht zwischen Sie und Du entscheiden, Weinflaschen werden in Plastikkühlmanschetten auf den Tisch gestellt, die aus bacherlwarm nun einmal nicht kühl machen können. Man braucht allerdings nicht unbedingt Flaschenweine, die Auswahl an offenen Weißweinen ist enorm: 23 an der Zahl. Gemüse kommt auch aus der eigenen Gärtnerei, was aber nicht automatisch Zusatzpunkte bringt; siehe den sehr grob und fasrig geschnittenen, viel zu harten Fenchel oder die halbrohen und in Balsamicowasser ertränkten Melanzani auf der Antipasti-Platte.

Die Bemühungen von Küchenchef Florian Rudolph, hier eine modische Gemüseküche zu präsentieren, sind freilich sichtbar: Die seidige Pastinakencremesuppe (9,80 ) wird im Einmachglas serviert, die geschmorte Rote Rübe kombiniert er mit Pomelo und Ziegenkäse (6,20 ), Brokkoli gibt es in Form von Bröseln: Mit diesen bestreut man den mit Venere-Reis, Birnen und Kräuterseitlingen kombinierten Wiener Wels. Und der Fisch selbst? Der legte zwar keinen weiten Weg zurück, brauchte dafür aber umso länger: Er wurde über das Ziel hinausgebraten.

Info

Jussi, Langobardenstr. 121, 1220 Wien, Tel.: +43/(0)1/280 11 81, Restaurant: Mo, Mi Sa: 9 22.30, So: 9 19 Uhr. Mehr Kolumnen auf: Schaufenster.DiePresse.com/lokalkolorit

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