Gewürztraminer: „Wenn er passt, dann so richtig“

(c) Teresa Zötl
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Der Gewürztraminer sucht eine neue Identität. Und findet sie bei Safranrisotto, Süßspeisen und Sushi.

Scheu-Rebe könnte man ihn nennen, den Gewürztraminer. Nicht, weil er so zurückhaltend wäre. Ganz im Gegenteil. Als „eigenwillig, dominant, manchmal schlampig, quietschig, unverwechselbar“ bezeichnet ihn etwa das Münchner Restaurant Tramin, das sich nach diesen Charaktereigenschaften des Weins so genannt hat. Scheu-Rebe deshalb, weil das Publikum eine so deutliche Scheu davor zeigt, wie Willi Stürz, Kellermeister der Südtiroler Kellerei Tramin, aus Erfahrung weiß. „Der Traminer kämpft noch immer gegen Klischees vom Zuckerlwein. Wenn man in England oder Deutschland Gewürztraminer anbietet, sagt der Gast gleich: ,Uh, das süße Zeug, das hat meine Oma immer getrunken.‘ Auch die Importeure sind zunächst skeptisch, dann aber sprechen sie oft von einem Aha-Erlebnis.“

Derzeit werden aber „mindestens 90 Prozent“ der Gewürztraminer aus der Kellerei Tramin in Italien verkauft, knapp 40 Prozent in Südtirol selbst. Stärkste Exportmärkte sind die USA und Russland, aber auch in Deutschland ist man vergleichsweise gut aufgestellt. Der trockene Gewürztraminer aus Südtirol – höchstens vier Gramm Restzucker – steckt dort dennoch erst in den Kinderschuhen. „Vor fünf Jahren ging in der Gastronomie im deutschsprachigen Raum quasi noch gar nichts, heute nützen Sommeliers unseren Gewürztraminer schon als Überraschungsmehrwert“, sagt Kellermeister Willi Stütz. Und Wolfgang Klotz, Marketingleiter der Kellerei Tramin, sieht diese Rebsorte als Joker: „Gewürztraminer passt nicht quer durch die Bank. Aber wenn er passt, dann so richtig. Dann ist die Kombination ein Erlebnis.“

Tipp



Gewürztraminer aus Südtirol. Die Weine der Kellerei Tramin bekommt man zum Beispiel bei Meinl am Graben in Wien.In Deutschland sei man, meint Willi Stütz, lange an Elsässer mit 30 Gramm Restzucker gewöhnt gewesen. In Italien indes kennen die Gäste trockene Gewürztraminer. „Quasi jeder in Italien ausgeschenkte Gewürztraminer stammt aus Südtirol, ist also traditionell trocken.“

Interessant, aber schwierig. Die Kellerei Tramin arbeitet derzeit offensiv daran, das Bild von Gewürztraminer generell in den Köpfen der Gäste zu verändern und neue Wege in der Speisenbegleitung zu gehen. Denn das derzeitige Image habe dieser vielgesichtige Wein, Mutterrebsorte vieler anderer Rebsorten wie Riesling, nicht verdient. Dass der Vormarsch nicht allzu leicht sein wird, zeigen Einschätzungen von Sommeliers diverser Restaurants. Der Tenor lautet: hochinteressant als Solist – egal, ob der vielprämierte Gewürztraminer Nussbaumer aus der Kellerei Tramin, der Wielitsch von Tement oder ein Elsässer Kaliber –, aber schwierig im Restaurant. Zu welchen Gerichten kann man diese Rebsorte empfehlen, in welchem Teil des Menüs findet sie ihren Platz?

Die von der Kellerei Tramin angeregten Gewürztraminer-Symposien mit Referenten aus dem Elsass und anderen Ländern versuchen, auf diese Fragen Antworten zu finden und den Wein bekannter zu machen. Köche wie Heinz Beck, gebürtiger Deutscher in Rom, oder der Südtiroler Norbert Niederkofler, der viele Gewürztraminer aus dem eigenen Land auf der Karte hat, liefern dabei Ideen für Wein-Speise-Kombinationen. „Es herrscht ja das Vorurteil, dass Gewürztraminer nur zu Gänseleber passt“, meint Willi Stütz, „eine Tradition aus dem Elsass.“ Für ein Booklet mit Rezepten zu Gewürztraminer konnten jedenfalls internationale Spitzenköche gewonnen werden – das schlichteste Pairing aus diesen Vorschlägen ist vermutlich das beste: Safranrisotto. 

Safran ist auch das Stichwort, wenn es um neue Einsatzmöglichkeiten vor allem für die traditionell trocken ausgebauten und darum gewürzlastigeren Südtiroler Gewürztraminer geht: als ideale Begleitung zur weintechnisch schwierigeren arabischen oder japanischen Küche. Die  wuchtigen Aromen des Traminers – etwa Safran, Nelke, Zimt oder Rose – entsprechen etwa dem marokkanischen Gewürz Ras el-Hanout, das auch in heimischen Küchen immer öfter verwendet wird.

Der Sommelier des Restaurants Tian und Gewürztraminer-Fan Alexander Adlgasser hingegen berichtet von regem Interesse an Gewürztraminer in Übersee: „In den USA geht Gewürztraminer super zu Sushi, in New York ist man in Sachen Wein generell sehr offen. In Österreich könnte man Gewürztraminer zum Sushi niemandem einreden. Die Österreicher sind sehr vorurteilsbelastet, und umso schwieriger hat es eine Rebsorte wie der Gewürztraminer.“ Viele Elsässer Traminer werden, weiß Adlgasser, nach Japan verkauft. Auch Lokale mit arabisch inspirierter Küche wie den Zweisterner Piment in Hamburg sieht er als Zielgruppe. Bei Gewürztraminer seien freilich die Unterschiede zwischen den Ländern aufgrund der Ausbautradition auffallend deutlich. Eine generelle Empfehlung sei daher schwierig. Ob sich ein Gewürztraminer als Begleitung zu Süßspeisen eigne, hängt stark von deren Zuckergehalt ab – und dem des Weins. „Aber prinzipiell denke ich: Gewürztraminer sind ideal zu Desserts, die nicht so süß sind.“ Und diese sind die Zukunft.

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