Weinbauern mit Pomade: Die Rockabillys aus Retzbach

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„Rock'n'Roll wie bei der Oma“: Die Weinviertler Winzer Ramona und René Pollak haben ihren Lifestyle auch auf ihren Wein übertragen.

Dass man das Weinmachen mit etwas mehr Rock-Attitude verbinden könnte, das haben sich auch andere schon gedacht. „Wine on the Rocks“ heißt etwa die Münchner Weinhandlung des Sommeliers Daniele del Gesso alias Finkus Bripp, der dort Flaschen mit Namen wie Lolita und Miss Greenjeans verkauft und seine Produkte gern mit musikalischen Vergleichen beschreibt: Wandelbar wie David Bowie zum Beispiel. Und auch Vincent Bründlmayer verkündete hierzulande schon, Weintrinken könne auch Rock'n'Roll sein. „Man kann auch einmal einen Terroir-Champagner mit der Bierflasche aufmachen.“

Aber wohl selten noch hat jemand den eigenen Lifestyle so konsequent auf die Flasche gebracht: Rockabilly Weinkult steht auf den Etiketten von René und Ramona Pollak, und Rockabillys sind die beiden aus dem 690-Einwohner-Ort Unterretzbach hart an der tschechischen Grenze selbst. Jeans, kariertes Hemd, gepflegte Tolle: Seit er 14 oder 15 sei, sagt René Pollak, sei er Rock'n'Roller. Seine Frau Ramona hat er „angesteckt“; sie stammt ebenfalls aus Unterretzbach, seit zwölf Jahren sind die beiden zusammen.

Kennengelernt hatte Ramona den Absolventen der Weinbauschule Krems allerdings als Optiker. Eine „Vater-Sohn-Kiste“ sei es gewesen, sagt Pollak, die ihn nach einiger Zeit der Mitarbeit am elterlichen Betrieb in eine andere Richtung trieb. Sieben Jahre sollte es dauern, bis er in den elterlichen Betrieb zurückkehrte – die Umstände hatten es notwendig gemacht – und das Weingut übernahm.

Etiketten vom Tätowierer

Zunächst, sagt der 33-Jährige, habe er im elterlichen Trott weitergemacht. Mit langen, schwarz gefärbten Haaren und Kette war er daheim angekommen. „Das kannst net machen, du musst seriöser sein“, entschied sein Vater. Pollak folgte, „aber“, sagt er, „ich habe mich nie wohlgefühlt. Ich musste mich verstellen.“

Bis zum November 2012, in der er und seine Frau Ramona erstmals überlegten, ob das mit dem Rockabilly-Wein funktionieren könnte. Wein, der ihren Lifestyle transportiert. Dabei „Kein Englisch, keine Slogans, die wir selber nicht verstehen.“ Rock'n'Roll, so wie er damals bei der Oma aus dem Radio kam. Das Design für die Etiketten lieferte ihr Tätowierer. Eine Stunde lang erklärte Pollak seinem Vater das Konzept, am Ende hatte er das Einverständnis. Via Facebook begann das Pärchen, die neue Idee publik zu machen, „und dort ist es explodiert, für uns zumindest“. Die einschlägige Szene zeigte sich glücklich, „stilecht“ trinken zu können, eins ergab das nächste.

Wobei die Pollaks auf Vereinsmitgliedschaften selbst gern verzichten. Auch in Amerika zum Beispiel waren die beiden noch nie („Bei Elvis am Grab zu stehen, das wär' schon was“), überhaupt haben sie erst zweimal gemeinsam Urlaub gemacht, und auch da nur ein paar Tage mit den Kindern in der Steiermark. Denn abgesehen von der kunstgerechten Verwendung von Pomade (mittlerweile schafft Pollak die Tolle in vier Minuten) bleibt in einem Weinviertler Weinbetrieb nebst Haus und Kindern wenig Zeit für Spompanadeln. Fernweh plagt René Pollak aber ohnehin nicht. „Auch die Gäste sagen: Bei euch ist es gemütlich. Mich reißt nix fort.“ Passt eigentlich auch zu den Vorbildern, den ländlichen Hillbillys der US-Südstaaten, die in den Fünfzigern R&B in ihre Country-Music mischten.

Diese Musik wollen die Pollaks nun mit ihrem Wein verbinden. Wobei die Genregrenzen großzügig interpretiert werden. Statt sich zu Präsentationen in die Hofburg zu stellen, fahren sie lieber zu Bikertreffen. „Eine Szene, von der man glaubt, dass sie nur Bier und Whiskey trinkt. Aber die trinken auch gern Wein. Und viele stellen Fachfragen, die man sich einem normalen Winzer nicht zu stellen traut.“

AUF EINEN BLICK

Rockabilly Weinkult heißt das Label, unter dem René und Ramona Pollak den eigenen Wein verkaufen. Daneben produziert Pollak weiter gemeinsam mit seinem Vater unter dem Familiennamen. Künftig will Pollak seinen Wein mit einschlägiger Musik verbinden: Am 29. April laden sie in Wien zur Weinverkostung: Café Espresso, Burggasse 57, ab 17 Uhr. Tommy Lee spielt live. Am 10. Mai laden sie in Unterretzbach zu „Rock'n'Roll am Weinhof“ mit den Smart Smokers. www.rockabilly-weinkult.at.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.04.2014)

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