Sommerfrische: Landflucht, umgekehrt

(c) Sommerfrische Salzburgerland
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Auf kuratierten Kulinarikpfaden reisen: durchs Salzkammergut, zu Ziegen, Erdäpfeln, Messern.

Wege. Die Kuratorinnen Bernadette Wörndl und Barbara Gollackner.
Wege. Die Kuratorinnen Bernadette Wörndl und Barbara Gollackner. (c) Sommerfrische Salzburgerland
(c) Sommerfrische Salzburgerland
Im Freien. Viermal soll im Sommer groß getafelt werden.
Im Freien. Viermal soll im Sommer groß getafelt werden. (c) Sommerfrische Salzburgerland

Drei Tage Salzburg komprimiert, das ist der Plan. Aber nicht mit Tomaselli und Mirabell. Sondern mit Lungauer Eachtlingen,  Ziegenkäse, Tauernroggen und festem Händedruck von schwieligen Bauernhänden. Die Projektschmiede „friedship is“, die etwa hinter den die Gastronomie neu denkenden Konzepten Betonküche, Feldküche und Alpine Ingredients steckt, hat ein neues Baby: „Sommerfrische Salzburgerland“. Vor allem Städter sollen auf kuratierten Pfaden zu Lebensmittelproduzenten sowie Handwerkern fahren, etwa zu einem Surfboardmacher, einer Nudelmacherin, einem Messerschmied.

Für die Tourenvorschläge, die seit Kurzem zum Selbstnachfahren online sind, sind die Foodstylistin und Kochbuchautorin Bernadette Wörndl sowie die Indus-triedesignerin Barbara Golackner vom Designbüro undpartner neun Maitage durch Wörndls Heimat gefahren. „Und zwar ganz bewusst durchs Land“, sagt diese, „nicht nur schnurstracks zu den Produzenten, sondern auch Umwege über kleine Bergstraßen.“ Wörndl kennt die Projektschmiede „friendship is“ von der Feldküche im Vorjahr, wo sie für zig in der Wiese tafelnde Gäste gekocht hat. Ihr Ziel war damals, möglichst nur mit Produkten aus ihrer Heimat, aus Faistenau, zu kochen. „Da hab ich erst gesehen, welche tollen Lebensmittel es dort gibt, allein in meiner Familie. Das war ein richtiger Wow-Effekt.“ Da wäre zum Beispiel der Onkel, der als Imker Honigwaben hat, „die sich super für ein Menü eignen“. Oder die Tante, die hinterm Haus Salat anbaut. „Oder auch der Saibling aus dem Fuschlsee. Ich bin hier aufgewachsen, aber sobald man in Wien lebt, vergisst man das. Ich hab mir damals gedacht, ich will da mehr wissen.“ Im Mai hat sie nun als Kuratorin für die kulinarischen Stationen der vier Touren (Lungau, Tennengau, Gastein, Hohe Tauern) ebendieses Mehr-wissen-Wollen ausgelebt. Hat zahlreiche Adressen von Bauernhöfen oder auch schon arrivierteren Produzenten wie Walter Trausner gesammelt, die man streng nach Tourenplan abfahren kann oder natürlich etwas variabler, und somit auch gleich Kontakte für das Destillat des Projekts geknüpft: Wörndl wird im Sommer an vier Abenden in den vier Regionen kochen: „im Feldküchenstil“, also für große Tafeln auf Wiesen oder in Ställen. Die Zutaten kommen dabei von den zahlreichen Adressen der vier Touren. Auch Messer und Geschirr werden zum Teil extra für diese Abende gefertigt. Ein großer Aufwand, aber für die Glaubwürdigkeit der Idee „Sommerfrische Salzburgerland“ notwendig.

Kettenreaktion. Schön sei es gewesen, erzählt Wörndl, wie sich die Dinge zusammenfügen. „Wir haben zum Beispiel jemanden gefunden, der aus den Wurzeln des gelben Enzians Sirup macht, den Enzo. Dann sind wir zum Döllerer in Golling gefahren, und der erzählt uns, ah, den Enzo hab ich auch, damit mariniere ich meinen Fisch.“ Oder dass der Tauernroggen wieder angebaut wird, hat nur damit zu tun, dass eine Familie zu Hause einfach gutes Brot essen wollte und nirgends fündig geworden ist. „Jetzt bauen die Löckers den Roggen an, machen Nudeln, backen Brot. Und ein Schnapsbrenner im Tennengau macht aus diesem Urroggen Whisky.“ Die Geschichten hinter den Lebensmitteln sollen bei den vier Tafeln erzählt werden: von Produzenten persönlich.

Für Matthias Felsner von der Projektschmiede „friendship is“ war vor allem der Hausverstand, mit dem die landwirtschaftlichen Produkte gemacht werden, so faszinierend. „In der Stadt sind wir ja nur mehr am Kompensieren, machen viel zu wenig Wahres. Wenn man auf dem Land jemanden fragt, was machst du denn so, sagt der: ,Ich habe zwei Kinder, ich braue im Keller Bier, habe mir grad 6000 Apfelbäume gekauft, mache Zwetschkenschnaps, fahre meine Motorradeln durch den Wald‘, und das noch und das noch. Da fragt man sich doch, wie geht sich das alles in einem Leben aus? In der Stadt machen wir unseren Job und gehen nachher Tennis spielen. Die Leute machen Dinge, die zum Angreifen sind.“ Und Wörndl sagt: „Ich wollte am liebsten nicht mehr in die Stadt zurück.“ 

Tipp

Touren. Auf www.sommerfrische-salzburgerland.at sind vier Vorschläge für Touren zu finden, oder man zeichnet seine eigene „Schatzkarte“. Tafeln am 27.–29. 6., 25.–27. 7., 8.–10. 8., 12.–14. 9.

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