Hopfen: Feldforschung mit Spargelfund

(c) Anna Burghardt
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Lieber verkochen als auf dem Feld verrotten lassen:
Die Wurzeltriebe des Hopfens kommen für kurze Zeit als Spargel auf die Speisekarten.

Die blaue Kiste füllt sich nur langsam. Stück für Stück müssen die weißen bis violetten Wurzeltriebe des Hopfens aufgesammelt oder von den holzigen Wurzeln abgebrochen werden. Hopfenspargel, so der landläufige Name für die Triebe, ist eine Delikatesse mit sehr kurzer Saison – und im Grunde ein Abfallprodukt. Hopfenbauern lassen die spargelähnlichen Triebe im Frühling meist einfach auf dem Feld liegen, nachdem sie sie zwecks besseren Hopfenwachstums mit rotierenden Scheiben von den Wurzeln geschnitten haben. Erst danach geht es auf dem Hopfenfeld ans Spannen der senkrechten, meterlangen Rankdrähte zwischen den meterhohen Hopfenmasten. Drei Triebe dürfen sich später um einen Draht winden, was regelmäßig händisch justiert werden will – im Uhrzeigersinn.

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Feldfunde. Der Hopfenspargel wurde erst in den vergangenen Jahren wiederentdeckt. Solcher aus dem großen bayerischen Hopfengebiet Hallertau ist in der kurzen Saison im April mittlerweile auf dem Münchner Viktualienmarkt zu finden; für viele Köche heißt es aber selbst sammeln gehen oder auf die Sammelfreudigkeit eines Hopfenbauern zu hoffen, der den Spargel dann verkauft. Der Mühlviertler Klaus Schuster tut sich das nicht an. „Ich esse ihn nicht und merk da auch nicht viel Unterschied zu normalem Spargel“, sagt der Hopfenbauer, „ein Koch wird damit eher was anfangen.“ Schuster kennt dennoch die Eigenschaften des Spargels: „In feuchten Jahreszeiten sind die Triebe viel saftiger, sie speichern Wasser gut.“ Und je älter sie werden, weiß er, desto holziger werden sie.

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Für Köche wie Helmut und Philip Rachinger vom Mühltalhof ist das Zweitnutzungsgemüse Hopfenspargel eine willkommene Ergänzung auf der Speisekarte. „Schön, wenn man so etwas bekommt, wenn sonst noch nicht so viel wächst“, sagt Helmut Rachinger dazu. Er kocht heuer erst die dritte Saison mit dem Gemüse, das optisch an große Sojasprossen oder auch an Häkelnadeln erinnert. Rachinger sucht sich im April Hopfenbauern in der Umgebung, bei denen er und Mitarbeiter die Triebe ernten beziehungsweise aufsammeln dürfen. Was wie erwähnt ein wenig Zeit braucht, dafür aber sonst nichts kostet. Später in der Küche werden die Triebe – der endgültige Ertrag ist nur mehr ein Drittel der Kiste – aufgeteilt: in weiße, in solche mit Farbverlauf und violette. Letztere haben auf dem Feld mehr Licht abbekommen, schmecken deutlich hopfiger, bitterer als die weißen.

Bisher wurde im Mühltalhof der Hopfenspargel meist mit einer Leindotter-Hollandaise serviert und etwa mit gemörsertem Malz und Apfelspänen ergänzt. Helmut Rachinger denkt aber noch im Auto auf der Rückfahrt vom Feld über neue Möglichkeiten nach: „Eine Sauce aus diesem belgischen Fruchtbier wäre vielleicht gut“, sinniert er. Und setzt die Idee nur wenige Stunden später schon zum Teil um, indem er selbst gemachtes Rhabarberbier zum Hopfengang servieren lässt.

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Feine Bitternote. Helmut und Philip Rachinger sind nicht die einzigen Köche, die hierzulande mit dem wiederentdeckten Abfallgemüse experimentieren. Auch Lukas Nagl vom Bootshaus am Traunsee, heuer für die Trophée Gourmet A la Carte nominiert, kocht jeweils für kurze Zeit mit Hopfenspargel: Heuer kombiniert er ihn mit Traunkirchner Schafkäse, Petersilwurzel und geräucherten Macadamianüssen. Lukas Nagl bezieht die seltenen Triebe über einen befreundeten Hopfenproduzenten aus dem bayerischen Ingolstadt. Auch Tom Riederer, der seit Herbst im steirischen Sausal in einem renovierten Pfarrhaus kocht, hat Erfahrung damit: „Meist habe ich Hopfenspargel nur in brauner Butter mit Gewürzen geschwenkt und zu Fisch serviert. In Kombination mit Milchprodukten kann oft die feine Bitternote nicht eingebunden werden. Deshalb die Naturvariante.“

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