Die brodelnde Weinszene im Vulkanland

Würze. Im steirischen Vulkanland: mineralische Böden.
Würze. Im steirischen Vulkanland: mineralische Böden.(c) Winzer Vulkanland Steiermark
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Muscheln im Weinberg: Heuer kommen erstmals Lagenreserven der Südoststeiermark unter dem Label „Vulkanland“ auf den Markt.

Mister Spock, der alte Vulkanier, hätte es vermutlich „faszinierend“ gefunden: Diesen Herbst kommen erstmals sowohl klassisch ausgebaute Weine als auch die Lagenreserven der Südoststeiermark unter dem Label „Vulkanland“ auf den Markt. Durch die per Bundes-Weingesetz im Vorjahr erfolgte Umbenennung wurde der Nimbus der feuerspeienden Berge zu einem österreichweiten Alleinstellungsmerkmal. International allerdings rücken die „Vulkanwinzer“ merklich zusammen, auch wenn man „eine gemeinsame Vermarktung derzeit nicht im Auge hat“, wie Christoph Neumeister aus Straden, Obmann der steirischen Vulkanland-Winzer, meint. Doch vor allem in Italien sieht man eine starke Differenzierungschance für Anbaugebiete mit diesen außergewöhnlichen geologischen Gegebenheiten. „Der vulkanische Boden“, formuliert es Aldo Lorenzoni vom Consorzio Tutela Vini Soave, „determinierte historisch eine Reihe agronomischer Entscheidungen, die jeweils zu einer präzisen Weintypologie geführt haben“.

Von Padua bis Pantelleria. Den Namen haben die Südoststeirer jedenfalls allen italienischen Gebieten voraus, dafür promotet der Verband „Volcanic Wines“ seit 2009 die Anbauregionen mit entsprechender erdhistorischer Vorgeschichte im südlichen Nachbarland. Ein großer Auftritt bei der heurigen Weinmesse Vinitaly war der bisherige Höhepunkt für die Gruppe, die neben den Rieden entlang der bekannten Vulkane Ätna und Vesuv auch den Weinbau von Orvieto, Pitigliano, Vulture oder der Inseln Ischia, Lipari und Pantelleria umfasst. „Motor der italienischen Vereinigung war das Gebiet Soave“, erzählt Franco Zanovello aus den Colli Euganei bei Padua. Die dortige Thermenlandschaft, ein beliebtes Ziel österreichischer Touristen, entstand ähnlich wie die Quellen des steirischen Vulkanlandes. In der Gegend zwischen Padua und dem Brenta-Kanal sind die Kegel der heute maximal 600 Meter hohen ehemaligen Steinschlote in der Landschaft deutlich erkennbar.

Auswirkung. Vulkanischer Boden sorgt für Langlebigkeit im Wein.
Auswirkung. Vulkanischer Boden sorgt für Langlebigkeit im Wein. (c) Winzer Vulkanland Steiermark

Seit zwei Jahren gibt es unter Zanovellos Regie hier auch das Welt-Festival der vulkanischen Weine im Schloss Lispida. Neben den 19 italienischen Regionen schenkten dort heuer erstmals auch die steirischen Vulkanwinzer sowie slowenische Kollegen aus. In gewisser Weise schließt sich mit der vino-geologischen Zusammenarbeit ein Kreis. Denn eine erste große Studie – „Die Euganeen: Bau und Geschichte eines Vulcanes“ (1877) – widmete diesem Gebiet der Geologe Eduard Reyer, hierzulande bekannter als Gründer der frei zugänglichen Zentralbibliothek und Namensgeber einer Gasse in Wien Nussdorf. Auf 1500 Meter berechnete er im K.u.k.-Mineralienkabinett die Höhe der submarinen Vulkane während des Eozäns (vor 56 bis 34 Millionen Jahren). Auf ihren Magma-Schüttungen sollte sich später die „fruchtbare Gartenebene“, so Reyer, bilden. Schon der Privatdozent begann vor 140 Jahren seine Aufzählung der Landesprodukte mit dem Rebensaft: „Wein, Minestra, Käse, Salami, Früchte, Eier, Polenta (Brod nicht immer) erhält man auch in den kleinsten Orten.“

Vulkanische Konservierung. Auch die bröckeligen Trachyt-Böden finden sich ausführlich in „Die Euganeen“ beschrieben. „Wobei Vulkan nicht gleich Vulkan ist“, wie Franco Zanovello anhand einer Karte der von den Feuerbergen geprägten italienischen Anbaugebiete erklärt. Je nach Kraterform wird etwa zwischen den Typen Hawaii, Plinius und Stromboli differenziert. Doch abseits aller geologischen Finessen: Wie wirkt sich das jetzt auf die Weine aus? Gemeinsam sei den Gebieten die Langlebigkeit der Weine, die unabhängig von der Sorte auf den Boden zurückgeführt wird. „Basalt ist immer ein wenig saurer als anderer Untergrund“, weshalb etwa ein 2001er-Chardonnay vom Weingut Vigna Alta, der vom basalthaltigen Monte Gemola stammt, immer noch wirkt wie gestern erst abgefüllt.

„Typisch steirisch, aber mit einem Extra an Würze“, beschreibt es wiederum Christoph Neumeister. Der Reichtum der Böden an Silizium, Eisen und Magnesium, gemeinhin mit der „mineralischen“ Seite von Weinen in Verbindung gebracht, ist aber nur ein Aspekt vulkanisch geprägter Böden. Durch den geringeren Niederschlag als etwa in der nahen Südsteiermark (900 statt 1000 Millimeter/Jahr) ergäbe sich im „Vulkanland Steiermark“ nicht „die kühle, strahlende Frucht“, sondern „eine deutlich stoffigere Art, eine gewisse Fett’n“, wie es Winzerobmann Neumeister formuliert.

United Colors of Magma. Die paneuropäische Arbeit an diesen Gemeinsamkeiten hat mittlerweile Fahrt aufgenommen. Der Gegenbesuch der Colli-Euganei-Winzer in St. Anna am Aigen hat bereits stattgefunden. Auch wenn sich die Zusammenarbeit noch lose gestaltet, findet Neumeister vor allem eines spannend: „Die Weine zu verkosten, um zu sehen, wie sich der Boden in jedem Gebiet anders auswirkt.“ So würde auch das Verständnis der eigenen Lagen vertieft. Als nächster Schritt wird bei den Steirern auch der Austausch mit dem bekannten deutschen Riesling-Gebiet Kaiserstuhl angedacht, „die sind uns vom Boden her recht ähnlich“. Man könnte sagen: Die Vulkanweinszene brodelt.

Tipp

Weinfestival. Gut 70 Winzer des Steirischen Vulkanlandes haben sich unter ­ www.winzer-vulkanland.at zusammengeschlossen. Alles zum Weinfestival, das im Mai 2018 wieder im Castello di Lispida (selbst Sitz eines „Vulkanwinzers“) in Monticelli di Monselice bei Padua stattfindet, findet sich unter www.vulcanei.wine

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