Geschirrtrend: Restaurants auf dem Holzweg

Klare Form. Konstantin Filippou hat die Teller extra für dieses Reinanken-Gericht fertigen lassen.
Klare Form. Konstantin Filippou hat die Teller extra für dieses Reinanken-Gericht fertigen lassen.Carolina Frank
  • Drucken

Maßgefertigte Keramik gehört für viele Gastronomen schon zum Konzept.
Immer öfter kommt eigens angefertigtes Geschirr aus Holz dazu.

Mit den grindigen Brettern in einer Buschenschank, wo sich in den Kerben schon die Essensreste vom Vorgänger sammeln, hat das natürlich nichts zu tun“, sagt Tom Riederer. Der Hinweis wäre nicht notwendig gewesen – das Holz, aus dem die Teller seines Restaurants in Leutschach gemacht sind, ist „hart wie Beton“: Es handelt sich um Wurzelholz von Baumarten wie Ulme, Linde, Schwarznuss oder Schwarzpappel. Der Mann, der die elegant geschwungenen und erstaunlich leichten Teller oder kleine runde Dosen mit Deckel für das Drei-Hauben-Lokal Pfarrhof drechselt und poliert, war einst Förster bei der Stadt Wien.

Klaus Höpfner hatte also Zugang zu jenen Wurzelballen, die nun in verarbeiteter Form als stimmige Bühne für Tom Riederers naturnahe und instinktive Gerichte dienen. Ein Fundus von rund 100 Stück Holzgeschirr sei es mittlerweile, den Tom Riederer für seine 28 Sitzplätze hortet. Je nach Jahreszeit werden hellere oder dunklere Teller herausgesucht, „ein Gurkengericht wirkt auf einem Lindenholzteller einfach fröhlicher als auf dunklem Nussholz“. Riederers Holzteller sind so dichtporig, dass er sie sogar im Geschirrspüler waschen kann, „die sind auch sofort trocken, wenn sie herauskommen“.

Maßanfertigung. In ­Tom Riederers Pfarrhof in Leutschach isst man von Holz.
Maßanfertigung. In ­Tom Riederers Pfarrhof in Leutschach isst man von Holz. (c) Anna Burghardt

Bei Konstantin Filippou in Wien, der kürzlich mit dem zweiten „Michelin“-Stern ausgezeichnet wurde, kommt Kirschholz ins Spiel. Das Besondere an diesem Teller ist nicht nur die Form, eine runde Scheibe mit einer rechteckigen Mulde; der Teller wurde, typisch für das Restaurant Konstantin Filippou, eigens für ein bestimmtes Gericht in Auftrag gegeben. Die Reinanke mit Muscheln wird akkurat rechtwinklig angerichtet, der Teller spiegelt diese Schlichtheit wider. Gefertigt werden die Teller von jenem Tischler, der auch das Lokal ausgestattet hat. Von der Idee bis zur Umsetzung habe es lang gedauert, erzählt Filippou, auch ein Probestück in derselben Form, aber aus Keramik, habe er machen lassen. Das feinporige, zart rötliche Kirschholz habe sich jedoch als geeigneter erwiesen. „Ein Gericht funktioniert nicht auf jedem Teller, optisch, haptisch und geschmacklich.“ Und: „Jedes Menü braucht einen Spannungsbogen. Nicht nur beim Essen. Auch beim Geschirr.“

Teller vom Bootsbauer. In der Forelle am Weißensee, wo Patron Hannes Müller und Martin Nuart kochen, ist es stets beim Dessert so weit: Die Holzteller, eigens für das Lokal angefertigt, kommen auf den Tisch. Müller und Nuart servieren darauf Gerichte wie Topfenmousse mit Milchhaut und Ribiselkompott oder weißen Schokoladeschaum mit Kletzencrumble und Birnenschaumweingranité. Die Nussholzteller stammen aus der unmittelbaren Umgebung des Lokals: Sie werden vom Bootsbaubetrieb Domenig einen Ort weiter gedrechselt.

Mit maßgeschneiderter Keramik arbeitet Hannes Müller schon länger; einige Stücke hat Petra Lindenbauer für die Forelle gefertigt, vieles macht die in der Nähe ansässige gebürtige Berlinerin Anette Reuer mit ihrem Label Bergdorfkeramik. Für Müller, der die Zutaten für seine Küche fast nur bei Kleinbetrieben in der Umgebung kauft, hat es irgendwann „nicht mehr gepasst, sich beim Kochen so viel anzutun, einen solchen Aufwand bei den Zutaten zu betreiben, die Gerichte dann aber auf Massenware zu servieren. Erst mit eigenem Geschirr wird’s richtig rund. Diesen Luxus sollte man sich als Restaurant gönnen.“ Und immer öfter besteht dieser Luxus aus Holz.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.