Wo die Mode lächeln durfte

In Paris ist Sonia Rykiel, Designerin und Rive-Gauche-Intellektuelle, verstorben. Mit ihrer Mode beeinflusste die "reine du tricot" das Frauenbild der Sechziger.

Freundliche Gesichter auf dem Laufsteg machen? Das ist in der (High) Fashion ganz und gar nicht üblich, nur eine "mine sérieuse" gilt auf Catwalks und Magazintitelseiten zumeist als "belle mine". Ganz anders war das bei Sonia Rykiel: Die Pariser Intellektuelle, die eng mit dem Viertel Saint-Germain-des-Prés verbunden war, schickte ihre Mannequins stets gut gelaunt, lächelnd, sich oft umarmend über den Catwalk.

Wahrscheinlich war es der lebenslustige Esprit der Sechzigerjahre, den diese Pose ausdrücken sollte: 1968 gründete Sonia Rykiel ihre eigene Modemarke, nachdem sie in den Jahren zuvor mit ihren unkonventionellen Strickwaren, allen voran dem "pull Rykiel" ausgehend von den Künstlerkreisen des Rive Gauche bekannt geworden war.

Zugeschnitten.
Es war stets sie selbst, auf die sie ihre Entwürfe zuschnitt: Ihr Stilempfinden und ihre Bedürfnisse standen Pate für die sehr Pariserische Mode, mit der Sonia Rykiel berühmt wurde. Als Françoise Hardy 1963 auf dem Dezember-Cover der französischen Elle einen quergestreiften Mini-Pulli von Sonia Rykiel trug, war das ein erster Meilenstein in der Entwicklung ihrer Marke.

F. Hardy am Cover der Elle 1963 in Rykiel
F. Hardy am Cover der Elle 1963 in Rykiel

Mit ihren auffälligen roten Haaren und ihrer Pariserischen Allure war Sonia Rykiel eine markante Erscheinung, der die Branche als eine der großen Self-made-Modeunternehmerinnen des 20. Jahrhunderts Respekt zollte. Ablesbar war dies etwa am großen Defilee zur Feier des 40-jährigen Bestehens ihrer Marke, bei der Kollegen Sonia Rykiel mit beigesteuerten Etwürfen huldigten (siehe Aufmacherbild).

Vergleichbar vielleicht mit Gabrielle Chanel, die in den Zwanzigerjahren zur vestimentären Befreiung der Frauen beitrug, half Rykiel der Mode, den einzwängenden Mief der "New Look"-Fünfzigerjahre endgültig abzustreifen - und sie traf damit den Nerv ihrer Zeit und den Geschmack emanzipierter Frauen der Sechziger- und Siebzigerjahre. "Sonia Rykiel hat die Frauen von engen, taillierten, schulterbetonten Kostümen befreit, ebenso wie Chanel sie in der Vergangenheit von Korsagen befreite", schrieb der Pariser Modehistoriker Olivier Saillard in einem Buch über Rykiel.

Sonia Rykiel und ihre Tochter Nathalie beim Jubiläumsdefilee 2008.
Sonia Rykiel und ihre Tochter Nathalie beim Jubiläumsdefilee 2008.

Sie selbst erinnerte sich in einem Interview mit "Le Monde", erschienen im Jahr 2013, an den Beginn ihrer Karriere mit folgenden Worten: "Wenn ich Schriftstellerin wäre, würde ich sagen, dass ich eine neue Philosophie verfolgte und den Frauen eine neue Lebensart ermöglichen half - freier, aktiver, zugleich aber verführend. Das war der Esprit im Saint-Germain-des-Prés der Siebzigerjahre."

Seit Jahren litt Rykiel an ihrer, wie sie in "Le Monde" ebenfalls sagte, "P de P", kurz für "putain de Parkinson": Sie erkrankte an Parkinson wenige Jahre, nachdem sie die Kreativdirektion ihres Maisons 1998 an ihre Tochter Nathalie übergeben hatte. Am 25. August 2016 ist Sonia Rykiel an den Folgen ihrer Erkrankung gestorben.

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