Mode von Ferrari Zöchling: Tragbare Galerie

Mit ihrer Mode betreibt Romana Zöchling angewandte Kunstvermittlung und kooperiert regelmäßig mit wechselnden Gastkünstlern.

Dass Romana Zöchling, wenn sie über ihre Arbeit spricht, nicht der Versuchung erliegt, von ihrem kuratorischen Ansatz oder der kuratierten Zusammenarbeit mit Künstlern zu sprechen, ist ihr wahrlich hoch anzurechnen. Schließlich ist der Kuratier-Sprech heute allgegenwärtig: Die einen kuratieren Teilnehmer an Bastelmärkten, die anderen Trends, und wahrscheinlich kuratiert zumindest im Geiste sogar der durchschnittlich gut sortierte Naturbäcker die Auswahl seiner Ware aus fermentiertem Teig. Über die Berechtigung solcher terminologischer Feinheiten darf man sich mit dem Urvater des grassierenden Kuratierhypes, Hans Ulrich Obrist, unterhalten; Romana Zöchling und um sie geht es hier beansprucht den Begriff für sich jedenfalls nicht.

Und das, obwohl sie als Designerin des Modelabels Ferrari Zöchling Saison um Saison Motive von Künstlerinnen und Künstlern als zentrales Element in ihre Kollektionen einbringt. Das tut sie aber nicht mit hochtrabenden Allüren oder dem Anspruch, ihre Mode zu sublimen Rängen der Kulturproduktion zu befördern, sondern offenbar einfach aus Spaß an der Sache. Freude bereitete der jungen Niederösterreicherin das Spielen mit Farbe(n) schon während ihrer Kindheit auf einem Bergbauernhof: "Ich war vielleicht ein bissl verträumt", sagt sie und erzählt davon, wie sie mit Begeisterung Gegenstände nach Farben und Buntstifte nach feinen Nuancen sortierte.

Geschichten erzählen

Dass Romana Zöchlings Mode also nicht primär in oft als avantgardistisch (miss)verstandenem Schwarz gehalten ist, verwundert wenig. Ihr Interesse für Kunst wurde während eines Modestudiums in Wien Hetzendorf unter der künstlerischen Leitung von Wally Salner und Johannes Schweiger damals noch als Fabrics Interseason auf neue Bahnen gebracht. "Die beiden haben einen anderen Blick auf Mode vorgegeben und das Bewusstsein, dass Mode ein Medium sein kann, um Geschichten anders zu erzählen", sagt Zöchling über ihre Ausbildung.

»"Bislang haben sich die Projekte ganz natürlich ergeben."«

Nach dem Abschluss des Bachelorstudiums jobbte sie eineinhalb Jahre lang im überschaubaren heimischen Modebusiness und startete 2013 gemeinsam mit ihrer Ko-Labelgründerin Monika Ferrari-Krieger (sie hat die Firma mittlerweile verlassen) und dem Fotografen Severin Koller den sogenannten Schneiderhof als Ort für interdisziplinär ausgerichtetes Kreativschaffen in Wien Margareten. "Anfangs war Ferrari Zöchling ein Nebenprojekt; innerhalb weniger Monate hat sich der Fokus verschoben. Dass das Interesse da war, hat mir den übergroßen Respekt davor genommen, eine eigene Modelinie zu starten", erinnert sich die Designerin, die heute einen eigenen Shop in der Kirchengasse betreibt, an ihre Anfänge als Modeunternehmerin.

Kunst auf Mode

Weil Severin Koller im selben Raum arbeitete, entstand die Idee zu einem Kunst-auf-Mode-Tansfer: Damals wie auch heute noch (Zöchling integriert "vier bis sechs Motive pro Jahr" von ihm in ihre Kollektionen) wählt sie mit dem befreundeten Fotografen Motive aus, um die sie Kleidungsstücke konstruiert. Der Aspekt der Schnitterstellung ist zentral: Zöchling, die sich als "begeisterte Handwerkerin" bezeichnet, entwickelt die Silhouette aller Kollektionsteile selbst. Besonders bei komplizierteren Motiven arbeitet sie direkt an der Puppe, um die richtige Form zu finden.

Dass es für ein relativ kleines Modelabel überhaupt möglich ist, mit Mustern und Farben ein Alleinstellungsmerkmal zu entwickeln, ist rezenten Entwicklungen im Bereich des digitalen Textildrucks geschuldet. Noch vor zehn Jahren wäre es kompliziert gewesen, Motive wie die von Zöchling mit saisonal wechselnden Gastkünstlern entwickelten auf eine Stoffbahn zu transferieren. Entweder wäre es schlichtweg unerschwinglich gewesen, die Mindestmenge an zu bestellenden Laufmetern zu erreichen, oder mit Folien- oder Siebdruckverfahren hätte sich die Haptik des Textils entscheidend verändert. Leicht schwingende Seidenkleider wären jedoch kaum zu produzieren gewesen.

Im Atelier hängt auch eine Arbeit der aktuellen "Gastkünstlerin" Marianne Vlaschits.
Im Atelier hängt auch eine Arbeit der aktuellen "Gastkünstlerin" Marianne Vlaschits. Carolina Frank

Neue Kundenkreise

Nach vier Kollektionen, für die Romana Zöchling ausschließlich mit Severin Koller kooperiert hatte, erweiterte sie ihren Kunstradius ab der Herbstkollektion 2015 und lud Angewandte-Absolventin Hatschepsut Huss (sie studierte Malerei bei Judith Eisler) zur Zusammenarbeit ein. Die Initiative entstand aufgrund gegenseitiger Wertschätzung und persönlicher Sympathie eine Kombination, die sich bis heute als gute Grundlage dieser Kooperationen erweist. Denn Romana Zöchling geht nicht gezielt einen Galerienparcours ab, um neue Partner aus der Kunstwelt zu finden.

"Bislang hat sich alles ganz natürlich ergeben. Ich bin auf die Arbeit von jemandem gestoßen, den ich zugleich oft über den erweiterten Freundeskreis kannte", sagt sie. Da man "nie genau weiß, wie jemand tickt", sei es auch immer ein wenig heikel, jemanden zur Zusammenarbeit einzuladen. Es ist ihr zwar noch nie passiert, dass jemand den Kontakt zur Modewelt gescheut hätte, möglich ist aber alles.

Neues Motiv entwickelt

"Von Marianne Vlaschits wusste ich aber zum Beispiel, dass sie sich für Mode interessiert", sagt Zöchling über die Künstlerin, deren Motive Teil ihrer Sommerkollektion 2018 sind. Darum war es Vlaschits auch ein Anliegen, eigens für Ferrari Zöchling ein neues Motiv zu entwickeln in anderen Fällen sieht sich Zöchling auch im Archiv von Künstlern um und wählt Motive aus, die leicht variiert als Stoffdruck geeignet sein könnten.

Ein Nebeneffekt der fortlaufenden Kooperationen ist die parallel in die Gänge gekommene Sammlertätigkeit von Romana Zöchling. Von einigen ihrer Gastkünstler sind Arbeiten in ihren Besitz übergegangen, manchmal tauscht man Mode gegen Kunst. Eine Lichtinstallation von Raphaela Riepl, die an der Herbstkollektion 2018 beteiligt sein wird, ist etwa noch nicht ganz (in Mode) abbezahlt. Dass andere Sammler aufgrund der kunstsinnigen Kollektionen auf ihr Label aufmerksam werden, schließt Romana Zöchling nicht aus: "Bei Marianne Vlaschits war das bestimmt der Fall. Auch bei Hatschepsut Huss sind ehemalige Professoren vorbeigekommen, um sich ihre Arbeit im Modekontext anzuschauen." Und auch wenn Zöchling selbst ihre Kollektionen nicht als Ausprägung eines erweiterten Kunstschaffens sieht vielleicht entsteht im Geheimen da oder dort ja schon eine Ferrari-Zöchling-Modesammlung.

"A New Home". Noch bis 21.4. sind Arbeiten von Vlaschits in der Galerie Halgand zu sehen.

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