Arthur Arbesser: Industrial Chic für Mailand

Mit einer kunstfertigen und stimmigen Präsentation in einer leer stehenden Garage setzt Arthur Arbesser seine Mailänder Erfolgsgeschichte fort.

"Wann gehst du heute zu Arthur?", raunten sich die Journalisten nach den ersten Defilees am Sonntagvormittag in Mailand zu. Denn dass man in der Garage Sanremo vorbeischauen würde, stand für die meisten fest. Und das ist keine Selbstverständlichkeit. Denn dort präsentierte keine der großen Marken ihre Kollektion, sondern ein in kommerzieller Hinsicht noch weitgehend unbedeutendes Label.

Doch der junge Österreicher Arthur Arbesser schwimmt auf einer Erfolgswelle, wurde spätestens mit einer Wohnungs-Präsentation im vergangenen Frühling zum nicht mehr so geheimen Insidertipp. Dieser Tage zeigte er seine erst vierte Kollektion unter eigenem Namen, und sie entpuppte sich als ein absolutes Must-See für all jene, die sich - gerade bei der etwas newcomer-armen Mailänder Modewoche - nach neuen interessanten Impulsen umsehen.

Daniel Kalt

Das herausragende Talent von Arthur Arbesser, der nach einem Central-Saint-Martins-Studium und sieben Jahren Berufserfahrung bei Armani den Schritt in die Selbstständigkeit wagte, ist ebenso beeindruckend wie die Dichte an herausragenden Talenten, mit denen er sich umgibt. Seine Entourage, die am Press Day in der Garage das Rädchen am Schnurren hält, besteht zu einem Großteil aus "Family and Friends".

Daniel Kalt

Im postindustriellen Kontext der nicht genutzten Garage wurden Arbeiten des Künstlers Carlo Valsecchi gezeigt - die Models präsentierten sich in stimmigem Dialog mit diesen Arbeiten, die aber die Kollektion nicht eigentlich inspiriert hatten. Der Architekt Luca Cipelletti zeichnete bereits zum zweiten Mal für die Inszenierung der Räumlichkeiten verantwortlich.

Ein Imagefilm, der in einem der zwei Präsentationsräume gezeigt wurde, war von der in New York lebenden Fotografin und Filmemacherin Samantha Casolari produziert worden. Die Hauptrolle spielt übrigens Cordula Reyer - "eine gute Freundin aus Wien", wie es heißt. Reyer übrigens ist am Sonntag auch in Mailand: Sie nimmt an einem von der italienischen Vogue ausgerichteten Dinner anlässlich der Öffnung des digitalen Archivs teil. Tragen wollte sie, war zu erfahren, ein Kleid von Arbesser Arbesser.

Es wird also nach dieser Präsentation und dem Auftritt von Cordula Reyer noch einmal lauter werden um Arthur Arbesser - seine Kollektion wird gezeigt und besprochen werden, die Reaktionen werden wahrscheinlich durch die Bank wohlwollend ausfallen. Und zwar nicht, weil man einen Jungdesigner am Anfang seiner Karriere schonen möchte, sondern weil die Qualität seiner Arbeit für sich spricht.

Feine Alcantara-Kleider, Neopren-Jäckchen mit raffinierten Taschenversionen, interessante Strickteile mit 3D-Details, Nylon-Strick und das Spiel mit Transparenz (immer in einem gediegenen, reduzierten, klassischen Register, von It-Girl-Sexiness ist hier ebenso wenig die Rede wie bei den Kollektionen der großen Mailänder Designer in diesen Tagen) ergeben in ihrer Gesamtheit eine facettenreiche, ausgereifte, unterhaltsame Kollektion. Die Arbesser-Frau, wenn man so will, hat mit dieser Saison endgültig Gestalt angenommen.

Nun bleibt nur mehr zu hoffen, dass der große Buzz, der den sympathischen Österreicher umgibt, sich auch in einen kommerziellen Erfolg wird übersetzen lassen. Man hat es in der letzten Zeit auch in Wien wiederholt gehört: Der Schritt vom Habenwollen zur tatsächlichen Besitznahme durch die Konsumenten ist am Ende die wichtigste, unerlässliche Bedingung für das Fortkommen einer Modemarke.

Daniel Kalt ist "Schaufenster"-Chefredakteur und auch auf Twitter und Instagram zu finden.

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