Christiane Arp: Die neue starke Frau der deutschen Mode

Vogue-Chefin Christiane Arp positioniert sich deutlich als Schirmherrin der deutschen Modeszene. Sie wird Präsidentin eines neuen Moderates in Berlin.

Ein Designer erfuhr es, als er gerade letzte Nähte an Modellen aus seiner in Berlin präsentierten Kollektion schloss und dabei den Livestream einer Mode-Konferenz auf der Hompepage der deutschen Vogue verfolgte. Eine andere überlegte sich gerade, vielleicht doch nach London zu übersiedeln und dort auf größere Sichtbarkeit und die Unterstützung des British Fashion Council zu hoffen. Und viele andere, die in Berlin und anderen deutschen Städten als Modeschöpfer arbeiten, werden ähnlich (positiv) überrascht gewesen sein wie diese beiden: Bei einer von "Vogue" und dem "Zeit Magazin" gemeinsam ausgerichteten Tagung am ersten Tag der Berliner Modewoche ließ Vogue-Chefredakteurin Christiane Arp wissen, dass im Frühling 2015 ein neu gegründeter "German Fashion Design Council" operativ werde, als dessen Präsidentin sie fungiere.

Freilich, als Chefredakteurin der deutschen "Vogue", somit einer der global stärksten Medienmarken in diesem Branchenumfeld, ist Christiane Arp ohne Zweifel schon in der Vergangenheit eine der wichtisten Entscheidungsträgerinnen in Deutschland gewesen. Durch ihr offen zur Schau getragenes Engagement für den deutschen Modenachwuchs und insbesondere für den Standort Berlin erklimmt sie nun aber neue Höhen. In Analogie zur politischen "Mutti" der Nation, Angela Merkel, könnte man sagen, dass sich Arp als "Mode-Mutti" in Position gebracht habe.

Die Ankündigung, dass es bald einen Moderat mit noch nicht ganz geklärtem Betätigungsfeld in Deutschland geben werde, kommt zu einem kritischen Zeitpunkt. Wie das "Schaufenster" vorab analysierte, schwächelt die Fashion Week in Berlin: Große Namen machen sich rar, auch gibt es ein etwas zu umfassendes Angebot an Haupt- und Nebenspielplätzen. Doch auch in diesem Zusmmenhang treten die "Vogue" und ihre Chefin Arp hervor, denn das Magazin veranstaltet nicht nur den "Vogue Mode Salon" als Präsentationsplattform für ausgesuchte Modelabels, es ist auch Partner des Modesalons im Kronprinzenpalais, wo weitere aufstrebende Designer aus Deutschland gezeigt werden.

Auch Kollegen wie der wichtige Modekritiker der FAZ, Alfons Kaiser, zeigen sich verhalten in ihrer Beurteilung der aktuellen Situation. "Unter keinem guten Stern" stehe die Berliner Modewoche, urteilt Kaiser etwa in einer Video-Analyse. Dass es sie auch noch in zehn Jahren geben werde, bezweifelt Kaiser zwar nicht, er "befürchtet" aber, dass vergleichbare Formate in Tokio, Kopenhagen oder Sao Paulo international noch relevanter seien als jenes in Berlin.

Phasenweise erinnert die Debatte, die anlässlich der Gründung des "German Fashion Design Council" nun in Berlin aufflammt, an jene Fragen, die in Wien schon seit einer Systematisierung der Modeförderung um die Jahrtausendwende gestellt werden. In erster Linie wird es interessant sein zu sehen, wie die Unterstützung für die deutsche Szene durch diese neue Institution aussehen soll.

Wird es zum Beispiel gelingen, private oder öffentliche Partner als Geldgeber zu gewinnen, die Mittel für eine pekuniäre Unterstützung von Designern zur Verfügung stellen? Werden auch strukturelle Herausforderungen wie Vertrieb und Produktion angesprochen werden? Werden Maßnahmen ergriffen werden, um Berlin von der "Image-Modestadt" zu einem in B2B-Belangen relevanteren Standort zu machen?

Damit der neue German Fashion Design Council nicht nur eine publikumswirksame, sondern auch für die Modeszene relevante und tatsächlich hilfreiche Institution werden kann, wird es unerlässlich sein, dass nicht nur Shows und Showrooms auf der To-Do-Liste dieser Einrichtung stehen.

Es könnte auch und gerade aus Wiener Sicht aufschlussreich werden, die Entwicklung dieser Einrichtung genauestens zu verfolgen. Abgesehen einmal von der Tatsache, dass die Wiener Modewoche ungleich jener in Berlin im Traum nicht den Anspruch erheben kann, zu den "Big Four" in Paris, Mailand, New York und London aufzuschließen, ähneln einander nämlich die Konfigurationen der beiden Avantgarde-Modeszenen in beiden Städten. Darum ist es überraschenderweise auch aus Berliner Perspektive nicht unbedingt falsch, zu diesem Zeitpunkt ein wenig nach Wien zu schielen.

Daniel Kalt ist "Schaufenster"-Chefredakteur und auch auf Twitter und Instagram zu finden.

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