Editor's Blog: Die Streetwear-Königsklasse

Louis Vuitton hat mit dem Streetwear-Label Supreme gemeinsame Sache gemacht. Ein aufschlussreiches Projekt mit nicht idealem Lancierungszeitpunkt.

Wie heißt es so schön: Timing ist alles. Man hätte der soeben am Laufsteg präsentierten Kooperation von Louis Vuitton mit dem New Yorker Streetwear-Label Supreme also einen besseren Lancierungszeitpunkt gewünscht als akkurat jenen der Angelobung von Donald Trump als Präsidenten der USA. Wer nämlich nicht um die Hintergründe weiß, könnte stutzig werden angesichts des prominenten, beim Opening-Look sogar auf der Brust des Models prangenden "Supreme"-Schriftzuges.

Nahezu programmatisch macht sich dieses Wort nämlich als Pseudo-Affirmierung eines Überlegenheitsanspruches aus, wenn man eben zufälligerweise nicht aus der Mode kommt und weiß, wofür "Supreme" in diesem Zusammenhang steht. Unglücklicherweise ist das Wort etymologisch eng verwandt mit der für Donald Trump bedeutsamen Polit-Ideologie der "White Supremacy", die mit anderen Supremacism-Spielarten inhaltliche Positionen am extrem rechten Rand des politischen Spektrums abdeckt. Um diese Art von "Supreme" geht es bei der Kollektion, die gerade in Paris gezeigt und von Louis-Vuitton-Männermodedesigner Kim Jones konzipiert wurde, selbstverständlich nicht. Aber, wie gesagt: Der Lancierungszeitpunkt ist nicht ideal.

Männer, die im kommenden Herbst also die soeben vorgestellten Modelle aus der von Louis Vuitton mit dem von James Jebbia 1994 in New York gegründeten Modelabel produzierten Capsule Collection vor sich her tragen werden (und das werden, lässt sich schon jetzt prognostizieren, nicht wenige sein), werden dies aber wohl nicht als ideologisches Bekenntnis anlegen. Vielmehr werden sie positiv reagiert haben auf eine, dem Vernehmen nach von Louis-Vuitton-CEO Michael Burke höchstselbst angezettelte, Amalgamierung der Zugkraft zweier Fashion-Powerhouses.

Supreme bezieht sich auf die Ästhetik von Barbara Kruger.
Supreme bezieht sich auf die Ästhetik von Barbara Kruger.Courtesy of Rizzoli

Supreme ist unter anderem dafür bekannt, dass recht schonunglos die Ästhetik anderer Marken appropriiert wird. Ja, schon der Markenschriftzug ist eine freche (man könnte weiter gehen und sagen: plagiierende) Aneignung der Ästhetik der amerikanischen Konzeptkünstlerin Barbara Kruger. Letztere hat sich nur einmal in dem Vierteljahrhundert des Bestehens von Supreme diesbezüglich zu Wort gemeldet: Als nämlich Supreme selbst die Chuzpe besaß, ein anderes Label wegen der vermeintlichen Plagiierung des eigenen Logos zu verklagen. Wie sich Kruger nun fühlt, wenn ein Modehaus, das zudem in der Vergangenheit immer wieder durch die Kooperation mit Künstlern von sich reden machte, eindeutig auf ihre konsumkritische Ästhetik bezug nehmende Schriftzüge auf seine Entwürfe schreibt, wäre übrigens auch interessant zu wissen.

Schon in der Vergangenheit gab es Berührungspunkte von Louis Vuitton und Supreme, allerdings nicht gerade amikaler Natur: Als im Jahr 2000 ein rechtlich nicht gedecktes Louis-Vuitton-Logo auf Supreme-Skateboards auftauchte, kam es zur Urheberrechtsklage; die Boards wurden vom Markt genommen. 17 Jahre später aber nun hat sich das Blatt gewendet – Accessoires und Kleidungsstücke in exakt derselben Ästhetik sind Teil des offizielleln Angebots von Louis Vuitton.

Bezeichnend ist diese Kooperation übrigens auch für die Verjüngungshoffnungen der Luxusmode, die intensiver mit Streetwear und "Athleisure" liebäugelt denn je. Der Erfolg von Labels wie Off-White, Vetements und Gosha Rubchinksiy belegt ja das Potenzial von Street-Credibility hinsichtlich im hochpreisigen Segment, auch hinsichtlich erhoffter Absatzzuwächse. Da kann die einflussreichste Luxusmarke der Welt natürlich nicht tatenlos zusehen.

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