Berlin Fashion Week: Hoffen auf den Nachwuchs

Der Berlin Fashion Week kommen immer mehr große Namen abhanden. An talentierten Newcomern mangelt es freilich nicht.

Die Stadt wird wohl auch kommende Woche wieder einmal, nach mittlerweile altbekannter Manier, Kopf stehen: Die mit viel Ehrgeiz und gutem Willen gestartete Berlin Fashion Week findet wieder statt – an vier Tagen, mit etlichen Modeshows, renommierten Labels, Messen und zig Side Events. Die deutsche Hauptstadt wird Einkäufer, Pressevertreter und Partyvolk anziehen, damit die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung zum Schluss stolz verkünden kann, dass der Modezirkus die marode Berliner Wirtschaft wieder kräftig angekurbelt habe, die Fashion Week ein voller Erfolg gewesen sei. Alles also beim Alten? Könnte man meinen. Doch bei genauerem Hinsehen bröckelt die glatte Fassade.

Große Namen fehlen. Tatsächlich hat sich die deutsche Modewoche schon seit einigen Saisonen gegen massive Kritik aus der Branche zur Wehr zu setzen. So sei sie zu kommerziell, zu wenig international, Berlin als deutscher Modestandort einfach nicht tragbar. Zu hohe Kosten, zu geringer Nutzen oder, wie es der Designer Thomas Rath formuliert: „Der große Hype, die Party, ist in Berlin. Das Business, die Aufträge aber werden in Paris, Mailand oder in Düsseldorf gemacht.“ Auf die ersten Showabsagen musste daher nicht lang gewartet werden. Nachdem die Mercedes Benz Fashion Week 2006 in Berlin startete und auch einige große, international agierende Labels wie Escada, Joop und Calvin Klein für sich gewinnen konnte, sprangen diese bald wieder ab. 2013 verabschiedete sich Hugo Boss als einer der letzten weltweit bekannten Modegiganten vom Berliner Modezirkus. Seitdem zeigt das Label seine Kreationen lieber in New York. Und auch dieses Frühjahr gibt es wieder einige Namen, die auf der Schedule der Berliner Fashion Week fehlen werden. An erster Stelle: Michael Michalsky.

Dass nun auch noch der gebürtige Göttinger dem Fashion Event den Rücken kehrt, sorgt in der Berliner Modeszene für besonderes Ungemach. Als ein Fixstern des deutschen Modeuniversums unterstützte Michalsky die deutsche Fashion Week von Anfang an und durchgehend. Im Jänner 2007 begann man in der deutschen Hauptstadt damit, Kollektionen über die Catwalks laufen zu lassen; Michalsky gehörte zu den wenigen, die damals ihre Kreationen zeigten. Designerkollege Wolfgang Joop schwärmte zu jener Zeit: „In Musik, Film und Malerei ist Berlin bereits eine Metropole von Weltrang, mit Michalsky könnte Berlin auch bei der Mode endlich nachziehen.“ Doch so richtig wollte das nicht gelingen. Nun will offenbar Michalsky nicht mehr. Seine berühmt-berüchtigte Stylenite, ein Mix aus Modeschau, Konzert und Party, sagte er ab. Freilich, der Grund – so der 47-Jährige – sei weder der Schwund an Designerkollegen noch die mangelnde Internationalität der Modewoche oder etwa die hohen Kosten von etwa 30.000 Euro für die Stylenite. Nein, ein anderer Grund führte zur Absage: „Die aktuelle Ebola-Epidemie ist einfach schrecklich. Deshalb habe ich mich entschlossen, auf eine Fashionshow zu verzichten und stattdessen das Geld an Ärzte ohne Grenzen zu spenden“, erklärt Michalsky. Dass er beim nächsten Mal, im Juli 2015, aber wieder zeigen werde, schließt der Wahlberliner nicht aus.

Doch noch ein weiteres, fest etabliertes Aushängeschild der Berliner Modewoche verabschiedet sich diese Saison von der Stadt: die Urban- und Streetwearmesse Bread & Butter. Zwölf Jahre lang fand sie in Berlin statt und mauserte sich schnell zu einem wichtigen Magneten für Designer und Einkäufer.

Improvisationstalent. „Die Stadt brummt während der Fashion Week. Das würde sie nicht machen, wenn nur Shows zu sehen wären“, kommentiert Johanna Kühl, Designerin des Labels Kaviar Gauche. Darum hätte sich IMG, Veranstalter der Mercedes Benz Fashion Week, für den Termin der Modewoche stets mit Bread-&-Butter-Chef Karl-Heinz Müller abgestimmt. „IMG wird schon wissen, warum“, sagt Kühl mit einem Augenzwinkern. Dabei sei der Berlin-Termin durchaus nicht unproblematisch. „Er überschneidet sich regelmäßig mit den Haute-Couture-Defilees in Paris sowie den Herrenschauen in Paris und Mailand“, sagt Kühl. Einkäufer und internationale Presse müssten sich auf die drei Veranstaltungen aufteilen oder sogar einzelne Shows absagen. Doch damit könnte nun Schluss sein. Nach einem ewigen Hin und Her blies Karl-Heinz Müller die Messe im Dezember ab. Es sei „nicht gelungen, eine ausreichende Anzahl an Ausstellern zu einer Teilnahme zu bewegen.“ Ein paar Tage später meldete die Messe Insolvenz an. Kurz vor Beginn der Fashion Week kam dann wieder eine kleine Wende: Nun will die Bread & Butter in ihren Räumlichkeiten in der Münzstraße eine „Guerilla Trade Show“ für 40 Aussteller abhalten.

Wer gehört nun aber zu den Berliner Fixstartern? Neben etablierten Labels wie Kaviar Gauche, Guido Maria Kretschmer und Dorothee Schumacher ist es in erster Linie der Nachwuchs. „Die Berliner Fashion Week hat sich als Sprungbrett für junge Designer etabliert“, meint Oliver Lühr, einer der beiden Designer des Labels Achtland: „Berlin ist anders als etablierte Modemetropolen wie Paris oder New York; eine Stadt, in der man sich ausprobieren kann.“ Darum habe Lühr mit seinem Partner, Thomas Bentz, das Label Achtland 2011 auch in der deutschen Hauptstadt gegründet. Fünf Saisonen lang zeigte man in Berlin, wurde von deutschen Medien bejubelt – und wagte dann den Sprung nach London. In diesem Jahr soll es dort auch erstmals ein Defilee geben.

Das Modezelt am Brandenburger Tor überlassen Lühr und Bentz seitdem fürs Erste der nächsten Generation. Wie beispielsweise der österreicherischen Designerin Marina Hoermanseder, die im Jänner 2014 ihre Showpremiere auf der Berliner Modewoche feierte. Mit großem Erfolg. Die Medien jubelten, eine Saison später wurde die 28-Jährige schon mit mehreren Preisen aus-gezeichnet, etwa dem Young Designers Award der Premium-Messe. Kommende Woche wird sie wieder zeigen. Und zwar natürlich auf Deutschlands neuer Nachwuchsplattform, der Fashion Week Berlin.

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