Diors Feminismus-Statement

Zum ersten Mal designt eine Frau für das französische Modehaus. Maria Grazia Chiuri gibt sich in ihrer ersten Kollektion kämpferisch.

Chapeau! Zum ersten Mal in der Geschichte von Christian Dior ließ eine Frau an der Kreativspitze die Modepuppen tanzen, und sie gab sich kämpferisch. Maria Grazia Chiuri (Jahrgang 1964), neue Chefdesignerin des weltberühmten Traditionshauses, zeigte am Freitag in Paris ihre erste Dior-Kollektion mit einem Statement für starke Frauen.

Ihr Look war von Fechtanzügen inspiriert worden: weiße sportliche Oberteile, gesteppte Korsagen mit Riemen und sportliche schmale Hosen. Im Kontrast dazu standen mädchenhafte Spitzenkleider und Ballettröcke aus Tüll. Dem Thema Tanz war die Italienerin schon bei ihrem vorherigen Arbeitgeber Valentino modisch nachgegangen.

Sie habe Stereotypen wie "maskulin/feminin" oder "jung/weniger jung" entfliehen wollen, ließ sie vor der Schau verlauten. Gleichzeitig nahm sie in den Entwürfen Ideen ihrer Vorgänger auf: die "Bar"-Jacke von Christian Dior (1905-1957) etwa, in Creme und perfekt auf Figur geschnitten, oder die "J'ADIOR"-Schriftzüge auf Unterwäschegurten, die an John Gallianos Zeit und den Erfolg des Parfums "J'adore" erinnerten.

Feminismus und prominente Front Row

Hauptthema jedoch blieb der Feminismus, und hier gab es mit aufgestickten Motiven aus Tarotkarten oder einem Hummerbild auch eine versteckte Hommage an eine große Frauenfigur der Modegeschichte, die diese Symbole benutzt hatte: Elsa Schiaparelli (1890-1973). Neben einer imposanten Star-Riege - darunter Rihanna, Kate Moss, Jennifer Lawrence und Carla Bruni-Sarkozy - saß die nigerianische Schriftstellerin Ngozi Adichie im Publikum, bekannt für ihr Buch und ihren TED-Talk "We Should All Be Feminists".

Chiuris Einstand war zwar das mit am meisten Spannung erwartete, aber nicht einzige weibliche Debüt dieser Pariser Pret-a-porter-Schauen der Damenkollektionen für Frühjahr/Sommer 2017. Schon am vergangenen Mittwoch hatte die Französin Bouchra Jarrar ihre erste Kollektion für Lanvin gezeigt. Die 45-Jährige hatte im März das Zepter von dem über lange Jahre sehr erfolgreichen Alber Elbaz übernommen. Zuletzt aber war es stiller um Lanvin geworden.

Jarrar nun sieht die Kundin des Hauses in maskulinen Pyjamahosen mit Nadelstreifen und sehr weiblichen, transparenten Kleider aus Seiden-Georgette, Smokingwesten sowie mit Perlen und Kristallen besetzten Badelatschen. Ihre Signaturfarben Cremeweiß und Schwarz ergänzte die Designerin mit fließenden Kleidern in Veilchenblau.

Starke Frauen auf und hinter dem Catwalk

Die Belgierin Veronique Leroy zeigt seit 1991 in Paris die Kollektionen ihres eigenen Labels. Allein damit beweist sie schon weibliches Stehvermögen. Ihre Entwürfe am Samstag nahmen mit Blatt-und Blümchenmustern den "Zurück-zur-Natur"-Trend dieser Schauen auf und mischten ihn mit ausgeblichenen Jeansteilen und urbaner Weiblichkeit. Die Models trugen hochhackige Stiefel zu luftigen Bauernblusen und -kleidern mit Volants in diversen Flieder-, Lila-oder Pinktönen, elastische Miniröcke in Strickoptik oder Boyfriends-Jeans und Seidenblusen. Als Eyecatcher diente ein tolles Seidenkleid in Mohnrot.

Auch der Deutsche Lutz Huelle spielte die "Starke-Frauen"-Karte aus. Zu klobigen Stiefeln mit hohen Absätzen in Knallfarben trugen die Models Tarnjacken, weite Plisseeröcke und dekonstruierte Herrenhemden. Patchwork-Entwürfe aus Jeans und Wolle verliehen diesen Amazonen einen Hauch von Streetwear.

Ein anderes Debüt dieser Saison hingegen ließ Frauenrechtlerinnen zucken: Anthony Vaccarello, bekannt für seine bis zu den Pobacken geschlitzten Kleider, trieb es in seiner ersten Kollektion für Saint Laurent auf die Spitze. Vor allem ein asymmetrisches schwarzes Lederkleid mit fast freigelegter linker Brust sorgte für Aufsehen. Die klassischen Codes des Hauses interpretiert er durch scharf geschnittene Hosenanzüge mit Bolero-Jacken oder megaknappe Smokingkleider. Für eine neue Sexismus-Debatte in Paris sorgte dies aber nicht. Schließlich geht es hier nur um Mode.

(APA/dpa)

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