Pariser Modewoche: Kontrastprogramm

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Eskapismus, Feminismus und Retro-Fantasien. Pariser Modeschauen im Überblick.

Der Widerspruch hätte nicht größer sein können: Auf der einen Seite schwer bewaffnete Security, Sprengstoffhunde mit Maulkorb, dazwischen eine Sicherheitskontrolle ähnlich der auf Flughäfen und dahinter das Grand Palais, das einer grünen Oase glich. War die Kulisse im März noch eine startende Rakete, zeigte sich die neue Chanel-Kollektion diesmal in einem Umfeld, das nicht minder beeindruckend war. Sechs circa 15 Meter hohe Wasserfälle rannen da die Felsen hinunter, die mit üppiger grüner Vegetation gesäumt waren, der Catwalk zeigte sich als Holzsteg. Modisch gesehen waren viele unverkennbare Chanel-Klassiker dabei, passend zu den rauschenden Wasserfällen waren die Models großzügig mit durchsichtigem PVC ausgestattet. Etwa mit Cape, Hut oder transparenten Stiefeln mit schwarzer Spitze. Ob es sich dabei um Eskapismus handelt und die Zurückbesinnung auf das Wesentliche, ist jedem Betrachter selbst überlassen, meinte zumindest Designer Karl Lagerfeld nach der Show: „Ich habe die Show nicht gesehen, ich gebe dazu keine philosophischen Kommentare ab.“

Schöne Welt. Entrücktheit von den Weltgeschehnissen stand auch bei Alexander McQueen im Zentrum der neuen Kollektion von Sarah Burton. Besser gesagt ging es um die heilende Kraft von Blumen. Inspirieren ließ sich Burton von Great Dixter, einem Landsitz in Südengland aus dem 15. Jahrhundert, der für seine Gärten berühmt ist. Zu sehen war das recht deutlich mit Blumenapplikationen und Kleidern, deren Rüschen an Blüten erinnerten. Weg von der Erde auf den Mond und in ein Paralleluniversum zog es Pierpaolo Piccioli für Valentino. Seine Referenzen an das Space Age der 1960er-Jahre schaffte er mit vielen Pailletten und an sich funktionalen Kleidungsstücken wie Parkas. Mode reflektiert eben auch immer das, was in der Welt passiert  – und das ist mit Terroranschlägen und schwierigen politischen Machtverhältnissen nicht immer positiv – weshalb sich Dries Van Noten diesmal ganz dem Optimismus verschrieben hat. Collageartig ist seine Kollektion mit Stoffen aus den 1920ern, 1940ern, 1960ern und 1980ern entstanden.

Vergangenheit und Gegenwart. Bei Louis Vuitton übersprang Nicolas Ghesquière gleich Jahrhunderte. Im Pavillon de l’Horloge im Louvre zeigte er Brokatmäntel, die an das 18. Jahrhundert erinnerten, zu futuristischen Sneakermodellen und Popkultur-Referenzen wie einem Shirt der Netflix-Serie „Stranger Things“. In den Archiven grub auch Claire Waight Keller für ihre erste Givenchy-Kollektion im Palais de Justice. Die Zeichnungen von Hubert de Givenchy aus den 1960ern und 1980ern waren ihr Ausgangspunkt. Die Geschichte von Hermès weiterzuentwickeln hat sich Nadège Vanhee-­Cybulski zur Aufgabe gemacht. Die typischen Karo- und Zaumzeugmuster setzte sie mit fließenden Silhouetten und gekonnten Schnitten um. Retro-Ästhetik war bei Miu Miu groß in Mode, im Palais d’léna standen Reihen weißer Monobloc-Stühle. Miuccia Prada erinnerte sich an die 1990er-Jahre zurück, als sie Miu Miu gründete, und an ihre damalige Interpretation der 1950er-Jahre. Geräumige Blazer, mit Spitze überlagerte Kleider und Mustermix wurden an einer sehr diversen Modelrunde präsentiert. „Es ist schön zu sehen, wie anders die Sachen an verschiedenen Ethnien und Menschen aussehen“, so die Designerin. Mehr Körperdiversität war bei Moncler Gamme Rouge zu sehen. Allerdings leider nicht bei den Models, sondern bei einer Gruppe von „Hiplet“-Tänzerinnen aus Chicago, die Ballett-Spitzentanz und Hip-Hop kombinierten. Von ihnen ließ sich auch Designer Giambattista Valli in seiner Kollektion mit Tutus und „Flashdance“-Legwarmers inspirieren.

Frauen an die Macht. Mit dem T-Shirt „We Should All Be Feminists“ kreierte Dior-Designerin Maria Grazia Chiuri im Vorjahr ein absolutes Must-have. Frauenrechten ist sie weiterhin treu geblieben, weniger aus einem Trend, sondern aus Überzeugung heraus. Diesmal setzte sie die feministische Künstlerin Niki de Saint Phalle und ihre 1960er-Garderobe in Szene. Und auch ein neues Statement-Shirt wurde gezeigt, das den Titel eines Essays von Linda Nochlin trägt: „Why Have There Been No Great Women Artists?“ Einem Thema, dem sich Chiuri wohl noch öfter stellen wird.

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