Mode: In Petticoat und Flapper Dress

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Ingrid Raab verkaufte Vintage-Mode schon zu Zeiten, als es das Wort dafür noch gar nicht gab. Am Samstag zeigt sie erstmals ihre Mode bei Swell Time.

Stella McCartney kam ungeschminkt, grantig und mit Handy am Ohr. Sie habe die britische Designerin, als sie da war, gar nicht erkannt, erzählt Ingrid Raab, ohne dabei allzu betrübt zu sein. Immerhin schaut prominenter Besuch immer wieder einmal in ihrem Geschäft in der heute hippen Schleifmühlgasse vorbei, das mit Schwarz-Weiß-Fassade und seinem wenig durchgestylten Interieur selbst ein wenig aus der Zeit gefallen scheint. Sie gelte, verrät die Chefin von Flo Vintage, im „geheimen Ranking“ internationaler Modejournalisten nach Shops in Los Angeles und New York als Nummer drei unter den besten Vintage-Quellen.

Seit 1978 verkauft Raab Mode aus vergangenen Epochen. Begonnen hat sie damit in einer Zeit, in der es das aus der Weinsprache kommende Wort Vintage (für besondere Jahrgänge) in der Mode noch gar nicht gab. Die ältesten Stücke, ab 1880, sind aber eher nur für Sammler gedacht: „Weil man das heute nicht tragen kann.“ Dann geht es weiter hinauf bis in die Achtziger, „maximal bis 1990, weil es bis dahin pro Dezennium einen klar erkennbaren Stil gab“. In den Achtzigern noch die Y-Linie mit den breiten Schulterpolstern, in den Neunzigern allenfalls noch Punk und Funk, „danach war es nur mehr ein Mix“.

Sie selbst, erzählt Raab, habe sich schon als Teenager für Mode begeistert, sei in Kostümen ihrer Mutter in die Schule gegangen und „schon ein verrücktes Kind“ gewesen. Dann musste sie doch „etwas Anständiges lernen“, kam auf die Handelsschule, dann in ein Büro – und weiter zum ORF, wo sie am Ende redaktionell arbeitete. Der letzte Film, den sie dort gestaltete, handelte von der „zweiten Haut“. Dabei habe sie festgestellt, dass es „überall Shops mit wunderschönen alten Kleidern gibt – nur nicht in Wien“. Mittlerweile, fügt sie hinzu, wisse sie auch, warum: „Weil die Wienerin kein Geld dafür ausgeben will.“

Immerhin, Flo Vintage hat überlebt. Die ersten Interessierten an ihrer „nostalgischen Mode“, die sie anfangs noch in Penzing verkaufte, waren Schauspielschülerinnen des nahen Reinhardt-Seminars, von denen einige heute sehr bekannt und immer noch ihre Kunden sind. Es folgten andere kunstsinnige Menschen und viel, viel später der aktuelle Retro-Boom. „Ich habe alle möglichen Geschäfte, die nach mir begonnen haben, überlebt.“ Eine Frage der Qualität und des Pfiffs, wie sie glaubt. „Es ist halt ein bissl teurer, dafür halten die Sachen für die nächste Generation.“ Deshalb kann sie auch nur bedingt dienen, wenn nun junge Leute auf der Suche nach Kleidern für Mottopartys hereinplatzen. Als einziges Zugeständnis an die „jungen Mädels, die im Internet nur Plastik bekommen“, hat sie eine englische Retro-Quelle für Flapper-Kleider der Zwanzigerjahre im Programm. Ansonsten verkauft sie nur Originale – und auch die manchmal nicht. Es müsse der Trägerin passen, findet sie, sonst habe es keinen Sinn.

„Wien war hausbacken“

Zu Beginn, erzählt Raab, habe sie sich mit Altwarenhändlern zusammengetan, um einen Blick in deren Kästen zu werfen, inzwischen wird ihr die Ware angeboten. „Man glaubt nicht, was bis heute in den Wohnungen schlummert.“ Immer wieder kauft sie auch in Amerika ein. Dorthin hat sie gute Connections – nicht zuletzt dank ihrem Sohn Thomas, der als Modefotograf in den Hollywood Hills lebt. Vor allem Kleider aus den Vierzigern und Fünfzigern holt Raab gern aus den USA. „Bei uns gibt es zwar auch noch genug, aber das ist ein bisserl hausbacken. In Amerika hat man sich mehr getraut.“

Gerade die Fünfziger gelten weiter als Weltanschauung. Zum fünften Geburtstag der einschlägigen Tanzveranstaltung Swell Time ist Raab erstmals mit einer Modenschau dabei: Mit Cocktail- und Petticoat-Kleidern gestaltet sie im Gartenbau-Kino ein Defilee.

ZUR PERSON

Ingrid Raab eröffnete 1978 Flo Vintage in Penzing, 1981 übersiedelte sie in die Schleifmühlgasse, deren Aufstieg Raab mitinitiierte. 5000 Kleidungsstücke lagert sie in ihrem Fundus, aus dem sich u. a. Karl Lagerfeld für Chanels Metiers-d'Art-Show in Salzburg ausstatten ließ. Persönlich sammelt Raab Rudi Gernreich, Fred Adlmüller und Heinz Oestergaard. Am Samstag gestaltet sie eine Modenschau bei Swell Time.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.02.2016)

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