Flughafen: Kosmopoliten in Spendierlaune

Flughafen: Kosmopoliten in Spendierlaune
Flughafen: Kosmopoliten in SpendierlauneReuters
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Der Shop auf dem Flughafen wird für immer mehr Marken zum Imageträger. In Wien sollen auch junge Designer diesen Effekt durch einen Pop-up-Store zu spüren bekommen.

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Irgendwo zwischen Euphorie und Anspannung, zwischen Zeitdruck und angenehmer Aufregung ist die Gefühlslage des durchschnittlichen Reisenden angesiedelt. Zu diesem Ergebnis ist das Kölner Rheingold-Institut im Rahmen einer tiefenpsychologischen Studie über das Einkaufsverhalten für den Frankfurter Flughafen gekommen. Daher, so die weiteren Erkenntnisse der Experten, kommt es zwischen Check-in und Handgepäcksfach, zwischen anregender Vorfreude und Fremdbestimmung an der Sicherheitskontrolle zu einer ausgesprochen hohen Kaufwilligkeit. Spätestens in der Kurve zum Duty Free erlebt man sich plötzlich als Teil einer „kosmopolitischen Gesellschaft“, und die Hemmungen, Geld auszugeben, sinken.

Von eben diesem Phänomen ist auch Eva Poleschinski überzeugt. Und sie könnte schon bald davon profitieren. Denn neben ihren Kolleginnen Marina Hörmanseder und Christina Steiner ist sie bei den Vienna Awards for Fashion and Lifestyle heuer als Designer of the Year nominiert. Die Gewinnerin wird vier Monate lang einen Pop-up-Store auf dem Wiener Flughafen beziehen. „Ein derart vielschichtiges Publikum in solch einer kompakten Frequenz ist woanders kaum zu finden“, sagt Poleschinski, die sich mit ihrem Label ep_anoui auch bisher vor allem um internationale Klientel bemüht. 60.000 Passagiere frequentieren den Flughafen Wien täglich. Und egal, ob Geschäfts- oder Pauschalreisende, Städteurlauber oder Individualtouristen – das Thema Shopping wird für die meisten von ihnen immer wichtiger.

Erlebniswelt Flughafen. Die Entwicklung weg vom reinen Verkehrsknotenpunkt hin zu einer animierenden Erlebnis- und Shoppingwelt ist international zu beobachten. Als Paradebeispiel gilt der Changi-Flughafen in Singapur. Im Ranking des Londoner Luftfahrtinstituts Skytrax ist Changi gerade zum dritten Mal in Folge zum beliebtesten Flughafen der Welt gewählt worden. Ein Ergebnis, das auch damit zusammenhängt, dass der Flughafen 48 Prozent seiner Umsätze mit sogenannten Randgeschäften, also Shopping, Gastronomie und Entertainment, einfährt.

Non Aviation heißt dieses Segment, in dem in Wien jährlich immerhin 160 Millionen Euro Umsatz gemacht werden. Tendenz steigend. Rund 25 Prozent, also etwa 40 Millionen, bleiben dabei, etwa in Form von Mieteinnahmen, beim Flughafen. Kein Wunder also, dass das Geschäftsfeld auch weiterhin stark ausgebaut wird. „Die gesamte Industrie steht hier vor neuen Herausforderungen. Es geht um eine Balance zwischen prestigeträchtigen internationalen Marken und einem regionalen Lebensgefühl, das mittransportiert wird“, weiß Flughafen-Vorstand Julian Jäger. „Die Reisenden erwarten die Präsenz von wichtigen Luxusmarken, sie wollen aber noch mehr geboten bekommen.“ Den Pop-up-Store in Kooperation mit den Vienna Awards kann man dabei durchaus auch als Probelauf in eine neue Richtung verstehen. „Ein Flughafen ist sowohl internationale Zone als auch Schaufenster zur jeweiligen Stadt, dieses Gleichgewicht spiegelt sich im besten Fall auch in der Mischung der Shops wider“, so Jäger.

Der Fokus auf den Non-Aviation-Bereich als prominenter Teil des wirtschaftlichen Gesamtkonzepts führt automatisch zum Aus- und Umbau der Shoppingbereiche. Dabei geht es vor allem um ein Gleichgewicht aus optimalem Passagierfluss und der größtmöglichen Dichte an Einkaufsmöglichkeiten. Für gute Umsätze werden also diffizile Berechnungen angestellt, bestätigt Jäger. Dabei spielt es auch eine Rolle, welche Gates in der Nähe liegen – die großen Luxusmarken werden in der Regel exakt dort positioniert, wo Reisende aus konsumstarken Destinationen wie beispielsweise China, Russland oder den Emiraten ihre Trolleys vorbeischieben.

Die Zeit rennt. Das weiß man auch bei Wolford: Das Geschäft auf dem Wiener Flughafen soll sich noch besser entwickeln als in der Vergangenheit. Seit Ende des Vorjahres gibt es gleich zwei Filialen in Wien, außerdem 15 weitere Flughafenstandorte zwischen Frankfurt und Shanghai. Durch den Umzug einer der Wien-Shops innerhalb des Terminal 2 bestätigt sich auch, dass die Anbindung an bestimmte Wege und Besucherströme sich direkt in den Gewinnen zeigt. Denn: „Der neue Standort hat sich sehr positiv auf die Verkäufe ausgewirkt“, heißt es aus dem Unternehmen. „Flughäfen sind generell eine strategisch wichtige Plattform für uns, und der Travel Retail wird in Zukunft ganz bestimmt noch weiter ausgebaut werden.“ Damit befindet sich Wolford in guter Gesellschaft.

Der amerikanische Wäschehersteller Victoria’s Secret verfolgt in Europa etwa die Strategie, immer erst auf einem Flughafen zu eröffnen und erst im Anschluss in der jeweiligen Innenstadt. Im Vorjahr ging dieses Konzept bereits in München auf, nun folgt Wien. „Victoria’s Secret geht dabei aber auch auf die besonderen Rahmenbedingungen auf Flughäfen ein“, so Jäger. „Statt auf das Kernsortiment, nämlich Wäsche, die man vielleicht auch noch anprobieren müsste, setzt man hier in der Regel auf Taschen und Accessoires.“

Auch bei Wolford nimmt man auf die Faktoren Zeitdruck und Handlichkeit Bezug und auch, wenn die Shops jenen in den Innenstädten auf den ersten Blick gleichen, ist doch alles ein bisschen anders. „Das fängt bei breiteren Wegen zwischen den Produktstationen an und geht bis zu einer angepassten Sortimentauswahl“, heißt es bei Wolford.

„Die Art der Präsenation, der Innenausstattung des Geschäftslokals unterscheidet sich ganz deutlich von Innenstadt-Stores“, ist sich auch Poleschinski sicher. „Es ist wichtig, dem Besucher Wege und Zeit zu ersparen, auch die Ausgewogenheit des Angebots von schnell und einfach zu kaufenden Dingen bis hin zu speziellen High-End-Produkten muss stimmen.“

Tipp

Die Sieger stehen fest. Wer den Pop-up-Store auf dem Wiener Flughafen demnächst okkupieren wird, steht nach der Verleihung der Vienna Awards for Fashion and Lifestyle am 24. April fest. Die Ergebnisse der Preisverleihung finden Sie auf Schaufenster.DiePresse.com

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