Männermode: Das starke Geschlecht

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Nachdenken über Gender und Mode, eine Designer-Rochade und gedämpfte Stimmung dominierten die Männermodeschauen der vergangenen Wochen.

London, Florenz, Mailand, Paris ­– mit Stippvisiten in diesen vier Städten beginnt das Modejahr oder, um genauer zu sein, jenes der Männermode. Kurz nach dem Dreikönigstag geht es los, und für alle Einkäufer, Models, Designer und Journalisten, die sich in der Folge auch noch mit Damenmode beschäftigen, ist das der Start einer weltumspannenden Tournee, die fast zwei Monate dauert. Gemeinhin gelten freilich die Schauen mit Menswear-Fokus als weniger vollgepackt als jene für ihre weiblichen Pendants. Zugleich mischen nicht wenige Labels auch erste Damenlooks in ihre Laufstegpräsentationen und geben so einen Vorgeschmack auf später Anstehendes.

Ohnehin ist das Nachdenken über Gender und geschlechtsspezifische Rollenbilder längst auch in der Mode (wieder) aufgeflammt. Jene Männerröcke, mit denen Jean-Paul Gaultier einst vorstellig wurden (er hat sich ja aus der Prêt-à-porter-Mode zurückgezogen und konzentriert sich nun ganz auf Haute Couture), erleben zwar kein Revival. Wenn aber Riccardo Tisci sich bei Givenchy an seinen von einer katholischen Erziehung geprägten Kindheitserinnerungen abarbeitet und Soutanenzitate unter Jacken verbirgt, liegen Rockschoßassoziationen nah. Auch der aus Kalifornien stammende, in Paris lebende Designer Rick Owens wurde mit langen Kutten vorstellig: Cut-outs auf Lendenhöhe und die offenbar ausgegebene Devise, dass seine Models keine Unterwäsche zu tragen hätten, bescherten der Modewelt aber einen mit atemlosem Raunen zur Kenntnis genommenen „Penisblitzer“. Um einen hundertprozentigen Unfall dürfte es sich nicht gehandelt haben – in Zeiten, da der Social-Media-Buzz als Gradmesser des Erfolgs einer Kollektion bzw. einer Modeschau gilt, müssen derartige Skandälchen als willkommener Image-Booster verstanden werden.

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Beschaulicher, stiller, reflektierter ging, wie stets, Mailands Paradekreative Miuccia Prada das Thema der Verteilung von Geschlechterrollen an. In einem parallel zur Modeschau verteilten Text mit Manifestcharakter wies das Maison Prada auf seine konstant unternommene „Analyse des Verhältnisses zwischen Mann und Frau hin“, die sich naturgemäß zuvorderst in der Mode offenbart. Ihre Auseinandersetzung mit diesem Themenkomplex brachte Prada diesmal in eine textile Form, die von Uniformen inspiriert war.

Kaltstart bei Gucci. Ungewohnte Brechungen eines klassisch angelegten, „starken“ Männerbildes gab es bei Gucci, ebenfalls in Mailand, zu sehen. Dort war die Phase vor dem Defilee von einigen Unsicherheitsfaktoren geprägt: Chefdesignerin Frida Giannini und ihr Gatte, Gucci-CEO Patrizio di Marco, waren ihrer Ämter enthoben worden (eine Analyse gab es zu lesen auf: Editorsblog). Giannini hätte noch bis März die Zügel in der Hand halten sollen – das hätte ihr die Möglichkeit beschert, sich mit einem großen Showspektakel von Gucci zu verabschieden –, aufgrund vermehrter Unstimmigkeiten verließ sie die Marke aber bereits Anfang Jänner.

So musste innerhalb weniger Tage eine komplett neue Showkollektion erarbeitet werden: Diese Meisterleistung vollbrachte Alessandro Michele, im Gucci-Designteam zuvor für Accessoires zuständig. Und die Belohnung folgte auf dem Fuß: Michele wurde kurz danach zur Überraschung vieler Beobachter von der Kering-Gruppe als neuer Gucci-Chefdesigner, zuständig für alle Kollektionen der Marke, bestätigt. Eine so geerdete Entscheidung wie das Nachrücken von jemandem aus dem Team, der Haus und Marke bereits gut kennt, ist wahrscheinlich aber ein gutes Indiz für die Verfasstheit einer Branche, die in unsicheren Zeiten auf Kontinuität und Berechenbarkeit ihrer Akteure setzen muss.

Tipp

Online-Laufsteg. Ständig aktualisierte Bilder von den Catwalks in allen Modemetropolen finden Sie auf Schaufenster.DiePresse.com

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