Arthur Arbesser: „Man spielt gleich in einer anderen Liga“

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Arthur Arbesser gehört zu den Shootingstars der Modewelt und ist Finalist des „LVMH Prize“. Seine nächste Kollektion ist eine persönliche Hommage an die Wiener Werkstätte.

Dass er sich am 22. Mai dieses Jahres mit einigen der wichtigsten Designer der Welt über seine Arbeit als Modemacher unterhalten wird, steht für Arthur Arbesser seit wenigen Tagen fest. Nämlich seit jenem Moment, als ein Sprecher des LVMH Prize anrief, der als einer der wichtigsten Modepreise der Welt gilt – wegen des Preisgeldes von 300.000 Euro und wegen der Image-Politur, die nicht nur dem endgültigen Sieger zugutekommt. Sein LVMH-Kontakt ließ also den in Mailand lebenden gebürtigen Wiener wissen, dass er es in die Finalrunde des Preises geschafft habe und somit an besagtem Tag Juroren wie Karl Lagerfeld, Raf Simons, Nicolas Ghesquière und Marc Jacobs für Einzelgespräche treffen werde. „Ich war selbst ganz aus dem Häuschen, als ich es erfuhr“, sagt Arbesser wenige Stunden später in einem Telefonat mit dem „Schaufenster“ und fährt fort: „Ich bin mitunter so kritisch meiner eigenen Arbeit gegenüber, dass ich geradezu überwältigt bin, wenn Außenstehende meine Kollektion so positiv beurteilen.“

Schon die Teilnahme am Halbfinale, in das es Arbesser als einer von 26 Designern unter mehr als 1000 Kandidaten geschafft hatte, stellte freilich einen Meilenstein dar. Die Vorschlussrunde fand kurz nach der Settimana della moda in Mailand zum Auftakt der Pariser Modetage statt und bestand in einer Marathon-Session von Gesprächen mit namhaften Juroren. Arbesser hatte kurz zuvor in Mailand eine Präsentation seiner Herbstkollektion auf die Beine gestellt, die von der italienischen und der internationalen Fachpresse sehr gut aufgenommen wurde. In Paris, wenige Tage später, fühlte er sich freilich schon weniger auf seinem „Home Turf“: „Als Mailänder Designer bin ich hier unweigerlich weniger gut vernetzt als meine französischen Kollegen“, gab er sich in seinem Pariser Showroom ein wenig skeptisch. „Und als in Mailand lebender Wiener nehme ich ja noch einmal eine Sonderstellung ein.“ Dass seine Befürchtung, es könnte ihm in Paris an Unterstützung mangeln, unbegründet war, würde er erst eine Woche später erfahren.

Befehle im Brüllton. An seine Sonderstellung als Wiener in Mailand hat sich Arthur Arbesser mittlerweile gewöhnt. Vor zwei Jahren machte er sich selbstständig; davor hatte er sieben Jahre lang im Team von Giorgio Armanis Zweitlinie Emporio Armani, zum Schluss als Senior Designer mit einiger Verantwortung, gearbeitet. Die ersten Schritte in Richtung einer internationalen Modekarriere freilich machte er in London, wo er ab 2001 am renommierten Saint Martins College studierte. „In London habe ich durchwegs positive Erfahrungen gemacht, Saint Martins hatte ich schon seit den Neunzigerjahren auf meinem Radar. Nach vier Jahren in der Stadt war ich aber an das Ende eines Zyklus gekommen und sah mich nach Neuem um.“ Das Neue ergab sich dann, so Arbesser, aus dem Besuch bei einer Studienkollegin, die bei dem in Mailand berüchtigterweise im (fast) Verborgenen werkenden Österreicher Carol Christian Poell arbeitete.

Für ein erstes Vorstellungsgespräch fuhr Arthur Arbesser kurz vor dem Sommer, während der launigen Männermodewoche, in die lombardische Hauptstadt. Mit einem Arbeitsvertrag von Armani in der Tasche und als „Super-Super-Junior Designer“ angeheuert, schlug Arbesser dann Ende des Sommers in einer noch Ferragosto-entleerten Stadt auf. „Das war schon etwas anderes als das Mode-Party-Mailand, aber es ist der Beginn eines Kapitels, das bis heute andauert“, erinnert er sich.

Auf seine Zeit bei Armani („Ich bin wahnsinnig dankbar dafür, so viel gelernt zu haben, das war wirklich eine super Schule für mich“) hat ihn, meint Arthur Arbesser rückblickend, vielleicht sogar seine Zeit beim Bundesheer vorbereitet: „Wenn man sich einmal daran gewöhnt hat, dass einem von einem Oberstleutnant Befehle grundsätzlich entgegengebrüllt werden, dann findet man es auch nicht mehr schlimm, wenn einem ein Signor Armani seine Anweisungen entgegenbrüllt“, zieht Arbesser rückblickend eine interessante Mode-Militär-Analogie.

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Mode als Gruppenprojekt. Seine letzte Kollektion zeigte Arbesser, der mittlerweile für Präsentationen in ausgefallenen Locations mit aufwendigem Setting bekannt ist, als eine Art Gesamtkunstwerk: Antoinette van Zabner spielte Schubert am Bösendorfer, an den Wänden hing extra eingeflogene Kunst von Hermann Nitsch. Die Models saßen auf Design-Klassikern der Wiener Werkstätte. „Ich würde mir nie anmaßen, mich de facto mit der Wiener Werkstätte zu vergleichen, aber diese Idee des Gemeinsamen, dass mehrere kreative Köpfe miteinander arbeiten, ist auch mir wichtig.“ Schon in London sei er stets „very fond of Vienna“ gewesen, ein Besuch der Loos-Hoffmann-Ausstellung im MAK Ende vergangenen Jahres habe den endgültigen Anstoß zur Ausrichtung seiner Herbstkollektion gegeben.

Ohnehin gebe es sein Label nur, weil auch er Unterstützung und Input von Freunden erhalte, die ihrerseits in verschiedenen kreativen oder anderen unternehmerischen Sphären tätig sind und Hilfe leisten. Fast „wie ein Gruppenprojekt“ fühle sich das alles phasenweise an, so Arbesser, und darum freue es ihn auch, dass mit der Finalteilnahme an dem LVMH Prize nun so rasch die internationale Anerkennung gefolgt sei. „Hinter dieser Sache steckt so eine wahnsinnige Power, dass man automatisch gleich in einer anderen Liga spielt. Im Showroom in Paris schauen plötzlich die Einkäufer von jedem wichtigen Geschäft auf der Welt vorbei, um die Kollektion zu sehen.“ Es wird überaus spannend sein zu sehen, wie Arthur Arbessers Karriere – mit oder ohne einen weiteren Triumph-Tusch Ende Mai – in den kommenden Saisonen verlaufen wird.

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